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Kosten für Jugendhilfe explodieren


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Dienstag, 22. Februar 2022

Ausschuss  Der Zuschussbedarf für die Jugendhilfe im Kreishaushalt 2022 steigt vermutlich auf rund 10,13 Millionen Euro an.
Gut aufgestellt ist der Landkreis Kulmbach in der Kinderbetreuung. Hier stehen 3802 Betreuungsplätze in 62 Einrichtungen zur Verfügung.


Die Kosten der Jugendhilfe laufen im Landkreis Kulmbach aus dem Ruder. Das legten der Leiter des Jugendamtes, Bernhard Rief, und Kämmerer Rainer Dippold bei der Sitzung des Jugendhilfe-Ausschusses am Montag unverblümt dar. Waren es 2018 noch knapp acht Millionen Euro, so wird davon ausgegangen, dass der Zuschussbedarf für die Jugendhilfe im Kreishaushalt 2022 auf rund 10,13 Millionen Euro ansteigen wird. Davon liegt der Anteil der Jugendhilfeleistungen bei knapp sieben Millionen Euro.

Die Gründe für den Anstieg der Kosten sind vielschichtig. Bernhard Rief zeigte die Einzel- und Gruppenhilfen auf, die enorme Kosten verursachen. So musste das Jugendamt im vergangenen Jahr allein bei 39 Familien temporär einschreiten. Einen großen Kostenblock stellen auch die ambulanten Hilfen und die sozialpolitischen Familienhilfen mit 1,6 Millionen Euro dar.

3802 Kinderbetreuungsplätze

Das Anwachsen der Kosten der Jugendhilfe ist nach den Worten von Bernhard Rief einer schwierigen Jugendphase geschuldet. Dabei sei das Jugendamt immer bemüht, mit entsprechenden Maßnahmen Erfolge zu erzielen. Rief stellte auch die gute Netzwerkarbeit in der Jugendhilfe im Landkreis Kulmbach heraus. Derzeit erfolge die Einführung einer Jugendamtssoftware für ein prozessorientiertes Arbeiten. Gut aufgestellt ist der Landkreis Kulmbach in der Kinderbetreuung. Hier stehen 3802 Betreuungsplätze in 62 Einrichtungen zur Verfügung.

In seinem Resümee sprach Jugendamtsleiter Michael Rief von einem sehr schwierigen Terrain in der Jugendhilfe, deren Ausgaben ihm zunehmend Kopfzerbrechen bereiteten. Die kommunalen Haushalte seien hier auf lange Sicht überfordert.

Landrat Klaus Peter Söllner vertrat den Standpunkt, wegen dieser Problematik sich mit den kommunalen Spitzenverbänden auseinanderzusetzen, um die Probleme nicht bei den Kommunen zu belassen.

Zustimmung fand eine überarbeitete Konzeption der gemeinsamen Adoptionsvermittlungs- und -beratungsstelle der Jugendämter der Landkreise Bayreuth, Hof, Kulmbach, Wunsiedel sowie der Städte Bayreuth und Hof. Die Adoptionsvermittlung ist eine Aufgabe der Jugendhilfe. Sie beinhaltet die Zusammenführung von Kindern unter 18 Jahren mit Personen, die ein Kind annehmen wollen. Diese Aufgabe der Jugendhilfe wird von den genannten Jugendämtern in einer gemeinsamen Adoptionsvermittlungsstelle erledigt, die aber nicht als eigene Behörde, sondern als gemeinsame Stelle auftritt.

Für das Pflegekinderwesen im Landkreis Kulmbach erklärte der Jugendhilfe-Ausschuss die gemeinsamen Empfehlungen des bayerischen Landkreistages und des bayerischen Städtetages für die Vollzeitpflege nach dem Sozialgesetzbuch ab dem 1. Januar 2022 in der jeweils geltenden Fassung für anwendbar. Unter anderem werden in der Fortführung der bisherigen Verwaltungspraxis zur Pauschalierung weiterer Leistungen monatlich 30 Euro je Pflegekind gewährt.

Enormer Zuschussbedarf

Für die Kinder und Jugendlichen, für die der Landkreis Kulmbach Leistungen der Vollzeitpflege erbringt, wird der Landkreis eine Sammelhaftpflichtversicherung abschließen.

Der Jahresnettobeitrag beträgt je Kind 15 Euro und je Jugendlichem 18 Euro. Aktuell sind damit 48 Pflegekindschaftsverhältnisse abgesichert. Konkret geht es hier um Abdeckung von Schäden, die gegenüber den Pflegeeltern verursacht werden.

Kreiskämmerer Dippold erläuterte die Haushaltsansätze im Zuständigkeitsbereich des Ausschusses. Was den Gesamtzuschussbedarf in der Jugendhilfe von rund 10,13 Millionen Euro angeht, so gehe dieser steil nach oben. Es sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht zu 100 Prozent zulasten der Landkreise und Kommunen gehen dürfe.