Kontrollgang durch das Jahr 1819
Autor: Volker Gundel
Bad Rodach, Dienstag, 07. Mai 2019
Bad Rodachs Stadtführerin Hedda Hanft wandelt auf herzoglichen Spuren und präsentiert sich den Gästen bei einem besonderen Rundgang als Therese Schmidt.
Herzog Ernst I. und Herzogin Luise - das Leben und die Geschichte dieses Paares ist nicht nur in Coburg allgegenwärtig, jetzt werden Erinnerungen auch in Bad Rodach lebendig. Die ehemalige VHS-Außenstellenleiterin und derzeitige Stadtführerin Hedda Hanft unternimmt eine "Zeitreise mit der Hofmeisterin der Herzöge" und schlüpft dabei in die Rolle der Therese Schmidt. Auftakt ist heute, Mittwoch, 19.30 Uhr, am "Haus des Gastes".
"Wir versuchen, immer wieder mal etwas Neues anzubieten", begründet Hedda Hanft dieses Vorhaben und hat sich selbst sehr intensiv vorbereitet. Ihr "Empire-Barockkleid" mit Jäckchen nach englischem Schnitt hat sie selbst nach speziellen Mustern angefertigt und genäht. Dazu trägt sie als Kopfbedeckung eine Schute, eine genähte hutartige Haube, die sich um 1800 aus der älteren Rokokohaube entwickelte und bis Mitte des 19. Jahrhunderts in modischen Abwandlungen getragen wurde.
Wer ist Therese Schmidt? Zur Beantwortung dieser Frage dreht die Stadtführerin die Zeit bis ins Jahr 1819 zurück. Therese Schmidt ist als Bedienstete und Hofmeisterin am herzoglichen Hof in Coburg angestellt und sorgt dort für einen geregelten Tagesablauf. Ein paar Mal im Jahr allerdings unternimmt sie eine Kutschfahrt von der Residenzstadt nach Rodach. Die Fahrt dauert etwa drei Stunden. Ziel ist das Jagdschloss (das jetzige "Haus des Gastes"), wo Ernst und Luise in einigen Tagen erwartet werden.
Zu entlegenen Stellen
Bis dahin soll Therese Schmidt inspizieren, ob für den Besuch alles vorbereitet ist. Und exakt auf diesen Kontrollgang nimmt sie ihre Besucher mit. Dabei führt sie an entlegene Stellen im Schloss, wie etwa in den Keller: "Sind die Kartoffeln rechtzeitig geliefert worden und lagern sie richtig? Ist das Holz zum Schüren der Öfen griffbereit?" Oder im Eingangsbereich: "Sind Blumen in der Empfangshalle aufgestellt?" Die Hofmeisterin hat zu jeder Frage kleine Geschichten parat, die während der knapp 90-minütigen Führung die Gäste unterhalten. Natürlich werden auch die ehemaligen herzoglichen Gemächer sowie andere, repräsentative Bereiche des Schlosses in Augenschein genommen. Die Hofmeisterin betont dabei, dass in Rodach ganz wenig Personal zur Verfügung gestanden habe. "Eigentlich nur der Verwalter und seine Frau", so Hanft, "denn die finanziellen Mittel waren sehr begrenzt. Die Ehrenburg in Coburg hatte absoluten Vorrang."
Aber nicht nur im Schloss wird kontrolliert, auch in der nur einen Steinwurf entfernten Johanniskirche soll der "Herzogstand" auf Sauberkeit überprüft werden. Der Herzogstand ist ein abgeteilter Raum auf der ersten Empore mit eigenem Eingang, nur für das Herzogspaar. Der Bereich liegt auf gleicher Höhe der Kanzel direkt gegenüber.
Hedda Hanft weiß aber nicht nur über Herzöge zu berichten. Die Besucher erfahren zudem Wissenswertes über Christian Hohnbaum, der 1786 als Superintendent in seine Heimatstadt Rodach zurückkehrte. Er zog mit seiner großen Familie in das neu erbaute Pfarrhaus in der heutigen Herrengasse 6, dessen großes Wohnzimmer ihm zugleich als Studierstube diente. Mit dem Dichter und Sprachgelehrten Friedrich Rückert verband ihn eine lebenslange Freundschaft.