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Kontakten auf der Spur


Autor: Hans Kurz

LKR Bamberg, Donnerstag, 29. Oktober 2020

Die Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen wird immer schwieriger. Trotz personeller Aufstockung kommen die Kontaktverfolger kaum noch nach. Eine Mitarbeiterin berichtet über ihre tägliche Arbeit.
Bianca Wunder an ihrem Arbeitsplatz im ehemaligen Posthochhaus Foto: Landratsamt/Frank Förtsch


Seit August telefoniert Bianca Wunder täglich mit Corona-Infizierten, spricht mit ihnen über Quarantänemaßnahmen, ermittelt Kontaktpersonen, ruft an und informiert. Anfangs arbeitete sie mit weniger als zehn Kolleginnen und Kollegen im Contact Tracing Team des Gesundheitsamtes. "Im Sommer gab es meist nur einen positiven Fall am Tag", erinnert sie sich. Das heißt, es waren etwa zehn Telefonate nötig. Und heute? Was hat sich mit der zweiten Welle geändert?

"Ich kann die Anrufe nicht mehr zählen. Es ist praktisch ein Dauerzustand", berichtet Wunder. Und normale Acht-Stunden-Arbeitstage sind auch nicht mehr möglich, angesichts der steigenden Zahl von positiven Testergebnissen und in der Folge einer ebenfalls exponentiell in die Höhe schießenden Zahl von Kontaktpersonen. Und das obwohl das Team inzwischen auf 16 Mitarbeiter angewachsen ist, ihm in der letzten Woche zusätzlich drei Kollegen der Justiz und fünf aus dem Finanzwesen zugewiesen wurden und seit diesem Mittwoch weitere 15 Polizeibeamte in der Kontaktnachverfolgung tätig sind, wie Pressesprecher Frank Förtsch informiert. Die Regierung von Oberfranken hat zudem angekündigt, dem Gesundheitsamt Bamberg weitere Mitarbeiter von anderen Behörden zur Verfügung zu stellen, um die Nachverfolgung von Kontaktpersonen zu bewerkstelligen.

Unterschiedliche Reaktionen

Wie das abläuft, beschreibt Bianca Wunder. "Bei einem positiven Testergebnis teilen wir das den Menschen mit und besprechen die Quarantäne. Also, wie sie sich verhalten müssen, vor allem auch zu Hause." Normalerweise gebe es auch Kontrollanrufe, aber das sei seit dieser Woche gar nicht mehr möglich.

Und wie reagieren die Betroffenen, wenn sie erst durch den Anruf von dem Testergebnis erfahren? "Da gibt es die unterschiedlichsten Reaktionen", weiß Bianca Wunder. "Die einen haben es geahnt und sind gefasst. Manche fallen aus allen Wolken, einige weinen sogar. Da muss man dann sehr feinfühlig sein." Wenn man es den Leuten gut erkläre, finde man auch Verständnis, meint Wunder. "Ich hatte bei meinen Kontaktpersonen noch nie das Gefühl, dass sie sich nicht an die Quarantäneregeln halten wird."

Etwas schwieriger sei es manchmal mit den Kontaktpersonen der Infizierten. Abgeklärt wird bei allen, wie lange, wie oft und wie eng der Kontakt war. Situationen werden genau beschrieben. Anschließend wird entschieden, ob es sich um eine Kontaktperson der Kategorie 1 oder Kategorie 2 handelt. Für Kontaktpersonen der ersten Kategorie wird dann eine 14-tägige Quarantäne angeordnet. "Manche verstehen nicht, dass auch sie in Quarantäne müssen, die das nicht akzeptieren wollen", berichtet Wunder. "Da muss man dann an die Vernunft appellieren." Doch das sei eher die Ausnahme. Hinweise auf das Risiko für sich und andere wären meist hilf- und erfolgreich. Sie selbst habe bisher jedenfalls auch noch keinen Fall gehabt, den sie habe weitermelden müssen. Denn im Endeffekt müsste ein Verdacht auf Missachtung der Quarantäneregel sogar an die Polizei weitergegeben werden. "Ich selbst habe in der Regel mit netten Leuten zu tun", freut sich Bianca Wunder.

Hat sich dieses Verhalten der Menschen aufgrund der medialen Präsenz der Corona-Skeptiker und Leugner verändert? Sind es nicht mehr geworden, die an den strikten Maßnahmen zweifeln? Eher im Gegenteil, stellt Wunder aus eigener Erfahrung fest. "Im Sommer, so August, September, als das Virus ziemlich inaktiv war, da war das Unverständnis oft noch größer." Jetzt, mit der Zahl der wieder stark steigenden Fälle, würde den allermeisten Menschen die Gefahr wieder sehr bewusst. Die ganz große Mehrheit sehe nun die Notwendigkeit der Regeln ein.

Ihr selbst liegt sehr am Herzen, "dass man in der jetzigen Zeit vernünftig mit der Sache umgeht und vernünftig handelt". Bianca Wunder wünscht sich von den Menschen "große Rücksichtnahme auf Risikogruppen", auf Alte und Kranke. "Da kann jeder seinen Teil dazu beitragen."

Mehr Büros müssen her

Damit die vielen neuen Kontaktverfolger ihrer wichtigen Arbeit unter besseren Bedingungen nachgehen können, werden nun im ehemaligen Posthochhaus neue Büroräume geschaffen. Denn seit Jahresbeginn hat sich die Zahl der Mitarbeiter im Gesundheitsamt von 42 auf 72 erhöht. Die für Stadt und Landkreis zuständige Behörde soll aber auch dauerhaft personell verstärkt werden, führte Kreisjurist Steffen Nickel am Freitag im Kreisausschuss aus. Gegenwärtig würden das ehemalige Kreismedienzentrum im Postgebäude sowie verschiedene Besprechungsräume im Landratsamt genutzt. "Dies ist allerdings keine tragfähige Lösung für das bestehende Raumproblem", sagte Nickel. Deshalb soll eine Fläche von insgesamt knapp 300 Quadratmetern auf zwei Etagen zu Büros umgebaut werden. Der Kreisausschuss unterstützte das einstimmig.