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Klinik-Personal will Verstärkung


Autor: Hendrik Steffens

Kronach, Mittwoch, 24. Juni 2015

Demonstration  90 Angestellte der Helios-Frankenwaldklinik beteiligten sich gestern an einer bundesweiten Protestkette für mehr Krankenhauspersonal. Kritisiert wurde vor allem ein Gesetzentwurf zur Krankenhausreform vom 11. Juni.
Christine Detsch (vorne) protestiert mit Kollegen vor der Helios-Frankenwaldklinik, um auf Personalbedarf hinzuweisen. Die Zahlen stehen für 162 000 Beschäftigte, die in deutschen Kliniken fehlen sollen.  Foto: Steffens


von unserem Redaktionsmitglied 
Hendrik Steffens

Kronach — Um Punkt 13 Uhr gehen 90 Mitarbeiter vor die Tür und Dutzende Nummernkarten nach oben. Christine Detsch, Sekretärin des Betriebsrats der Helios-Frankenwaldklinik, hält gleich zwei. Vielleicht für doppelten Protest. "Vor allem auf Station haben einzelne zu viel zu tun und dabei zu wenig Zeit für die Patienten. Wir brauchen mehr Personal", meint sie.
In deutschen Krankenhäusern fehlen laut einer Verdi-Erhebung 162 000 Beschäftigte, darunter 70 000 in der Pflege. Bei der gestrigen Aktion, die von 13 bis 13.10 Uhr dauerte, wollten Menschen, die in Krankenhäusern arbeiten, die Personalnot sichtbar machen - indem sie Nummernkarten von 1 bis 162 000 hochhielten. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hatte zu der gestrigen, bundesweiten Protestaktion aufgerufen.

Lage in der Kronacher Klinik?

Pfleger und Betriebsratsmitglied Heribert Pietz meinte in Kronach: "Es geht nicht nur um einen Mangel an Pflegekräften. Auch Therapeuthen, Techniker und Laborpersonal fehlen in vielen Kliniken." Die Personalbemessung in Krankenhäusern sei bislang nicht gesetzlich geregelt. Das kritisiert Verdi und das kritisiert auch Pietz.
Bei Befragungen in der Kronacher Frankenwaldklinik habe die Gewerkschaft ermittelt, dass in der Pflege - nach Einschätzung der Befragten vor Ort - ein bis zwei Kräfte pro Schicht fehlten.
Geschäftsführer Florian Aschbrenner meinte dazu: Alleine mehr Personal einzusetzen, löse das omnipräsente Thema der Arbeitsverdichtung nicht. "Wir helfen Mitarbeitern mehr, wenn wir Strukturen und Prozesse ... verbessern und überflüssige Mehrarbeit verhindern." Er wies zudem darauf hin, dass die Zahl der angeblich 162 000 fehlenden Kräfte, die Verdi ermittelt haben will, auf einer subjektiven Hochrechnung beruhe und nicht wissenschaftlich belegt sei. Verdi, so Aschbrenner, habe im Jahr 2013 Mitarbeiter in 200 Krankenhäusern befragt, wie viel zusätzliches Personal gebraucht werde. Das Ergebnis sei hochgerechnet worden auf 2000 Kliniken.

Dramatische Auswirkungen

Neben Kronach nahmen in Oberfranken auch Beschäftigte der Krankenhäuser in Bamberg, Forchheim, Ebermannstadt, Scheßlitz, Burgebrach und Coburg an der Protestaktion teil. Damit machten die Beschäftigten ihrer Enttäuschung über den Gesetzentwurf zur Krankenhausreform Luft, den die Bundesregierung am 11. Juni veröffentlicht hat. "Die Regierung kennt die dramatischen Auswirkungen der Personalnot für Patienten, doch sie handelt nicht", sagte Christian Ascherl, Gewerkschaftssekretär des Verdi-Bezirks Oberfranken-West.
"Wir sind entsetzt, dass die Bundesregierung die Gefährdung von Patienten wissentlich in Kauf nimmt." Ein Pflegeförderprogramm für eine bis 3,5 Pflegestellen pro Krankenhaus bringe den Patienten nicht die angeblich notwendige Verbesserung der Versorgung.
Bei einem Nachtdienst-Check der Gewerkschaft Verdi in über 200 Krankenhäusern im März 2015, hatten laut Verdi 59 Prozent der Pflegefachkräfte angegeben, dass es in ihrem Nachtdienst in den vorherigen vier Wochen eine gefährliche Situation für Patienten gegeben hat, die bei ausreichend Personal vermeidbar gewesen wäre.
Gestern tagten in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) die Gesundheitsminister-Konferenz der Länder und in Berlin der Gesundheitsausschuss des Bundestages.
Verdi fordert ein Gesetz zur Personalbemessung in Krankenhäusern und dessen Finanzierung sowie ausreichende Krankenhaus-Investitionen durch die Bundesländer.