Klima rückt wieder in den Blick
Autor: Hans Kurz
LKR Bamberg, Montag, 11. Mai 2020
Wie viel Treibhausgas CO2 wird im Landkreis durch Strom, Wärmeenergie und Verkehr freigesetzt? Eine neue Gesamtbilanz soll darauf Antwort geben und als Grundlage für politisches Handeln dienen.
Nach acht Jahren lässt der Landkreis Bamberg wieder eine CO2 -Bilanz erstellen. Doch deren Ergebnis wird mit der vorangegangenen Studie nicht 100-prozentig vergleichbar sein. Zwar nicht wie Äpfel mit Birnen, aber "wenn Sie einen Boskop und einen Jonathan nehmen, dann haben Sie zwar zwei Äpfel, die jedoch verschieden schmecken", macht Robert Martin, Klimaschutzbeauftragter des Landkreises, das Problem anschaulich.
Denn CO2 -Bilanzen beruhen auf viel Theorie und teils unterschiedlichen Berechnungsmethoden. So gibt es die Software, mit der vor fast einem Jahrzehnt die Bilanz erstellt wurde, inzwischen nicht mehr auf dem Markt. Ziel sei es also, mit der jetzigen Ausschreibung ein Verfahren zu bekommen, das einen möglichst breiten Standard biete. Denn die zugrunde gelegten Parameter würden sich von System zu System unterscheiden. Mit der "Bisko"-Methode (Bilanzierungs-Standard Kommunal) glaubt man fündig geworden zu sein.
Doch zurück zu der CO2 -Bilanz, mit der Landrat Johann Kalb (CSU) die "Grundlage für eine Standortbestimmung und Neuausrichtung beim Klimaschutz" schaffen will. Bis Jahresende könnte die Bilanz erstellt werden. Laut Martin dauert die Berechnung, wenn einmal damit begonnen ist, etwa drei Monate. Das Ergebnis sei aber nie eine exakte Abrechnung bis zur letzten Kommastelle, sondern immer nur "ein momentaner Richtwert".
Dieser setzt sich im wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: Strom, Wärmeenergie und Verkehr. Beim Strom und auch bei anderen leitungsgebundenen Energieformen sei die Datengrundlage exakt und die Berechnung relativ einfach, erläutert Martin. Doch er weiß auch eine Reihe anderer Beispiele, bei denen man auf statistische Werte und andere Parameter zurückgreifen müsse.
Das betreffe vor allem den Verkehr, der einen nicht unerheblichen Anteil an den CO2 -Emissionen hat. Hier basiere die Berechnung auf vielen Annahmen, die jedoch alles plausibel sein müssten. Doch der Teufel steckt oft im Detail. "Was ist beispielsweise mit den Elektrofahrzeugen?" Fließen diese über den - messbaren - Stromverbrauch in die Gesamtbilanz ein oder in die Verkehrsmenge, aus der mit statistischen Werten die CO2 -Emission ermittelt wird? Oder etwa die Frage, wie und wo Flugreisende aus dem Landkreis Bamberg in die Berechnung Eingang finden. Auch bei der Wärmeenergie, die einen Löwenanteil der CO2 -Emissionen ausmacht, ist die Lage teils unübersichtlich. Wer heizt wie viel mit Öl, Kohle oder Holz? Daten der Kaminkehrer wären hier sehr hilfreich, meint Martin. Doch darauf habe der Landkreis nicht einfach Zugriff. "Und selbst wenn wir wüssten, wie viele Anlagen mit welcher Leistung vorhanden sind, können wir immer noch nicht ableiten, wie viel Holz, Kohle oder Öl einer tatsächlich verheizt." Aber auch bei Wärmepumpen und Speicherheizungen sei nicht ganz klar, in welche Energiebilanz diese einfließen.
Bei allen Fragezeichen zweifelt Robert Martin den Sinn einer CO2 -Bilanz nicht an. Auch wenn er aus seiner langjährigen Tätigkeit als Klimaschutzbeauftragter feststellen kann: "Anfangs war immer nur vom CO2 die Rede. Aber das können die Leute nicht sehen und nicht riechen, also hat man sich zwischenzeitlich kaum noch getraut, das Wort in den Mund zu nehmen. Und nun erleben wir wieder so eine Art Renaissance des CO2 ."