Klaus Bormann zieht alle Register

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Kirchenmusikdirektor Klaus Bormann ließ auf der 100-jährigen Orgel Werke verschiedener Komponisten erklingen. Foto: Thomas Micheel
Kirchenmusikdirektor Klaus Bormann ließ auf der 100-jährigen Orgel Werke verschiedener Komponisten erklingen.  Foto: Thomas Micheel

Das Alter merkte man der Orgel in der evangelischen St.-Ägidius-Kirche nicht an. Vielmehr schien sie Gefallen an dem Konzert anlässlich ihres 100-jährigen "...

Das Alter merkte man der Orgel in der evangelischen St.-Ägidius-Kirche nicht an. Vielmehr schien sie Gefallen an dem Konzert anlässlich ihres 100-jährigen "Geburtstags" zu haben und erfreute die Besucher mit herrlichem Klang.
Mit dafür verantwortlich zeichnete Kirchenmusikdirektor Klaus Bormann, der das Instrument, das mit dem Bibelspruch "Alles was Odem hat, lobe den Herrn! Halleluja!" gefasst ist, mit Werken verschiedener Komponisten erklingen ließ.
Eingangs hatten Pfarrer Sachs und Klaus Bormann die zahlreichen Besucher zu einer musikalischen Reise durch die Zeit begrüßt. Intoniert wurden Orgelstücke aus vier Jahrhunderten, von Barock bis Romantik.
Bormann eröffnete klangvoll mit der "F-Dur Toccata" von Dietrich Buxtehude und ließ dabei bereits spüren, welches klangliche Potenzial der Organist aus der Jubliarin hervorzulocken vermochte.


Ungewohnt breit und dunkel

Es folgten drei Choralbearbeitungen von Johann Sebastian Bach, dessen Musik spürbar von Buxtehude beeinflusst war. Mit für manche Ohren ungewohnt breiten und dunklen Registern erklang liebevoll die Choralbearbeitung zu "Vater unser im Himmelreich". Das sehr melodische Choralvorspiel zu "Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ" wurde als Trio gespielt, mit einem fetten Strebel-Prinzipal in der Melodiestimme.
Eher angelehnt an die französische Barockmusik erfreute die Choralberarbeitung "Wenn wir in höchsten Nöten sein" mit trillierendem Sesquialter die Ohren der Zuhörer.
Bormann setzte nun zu einem kleinen Zeitsprung in die Romantik an. Mit streichenden Registern, leicht überdeckt vom fetten Prinzipal, erklang träumerisch in romantischen Tönen schwelgend "Präludium und Fuge G-Dur" von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Das "Intermezzo" von Joseph Gabriel Rheinberger begann ruhig fließend, später wild plätschernd, um dann mit leiser werdenden Klängen bildlich gesprochen in der Stille des Sees anzukommen.
Lange ruhende Orgeltöne im Pedal kamen in Max Regers "Melodia" voll zum Einsatz, als Basis für leise streichende, melodische Klangfarben im Manual.
In Max Regers "Intermezzo", zunächst mit dezenten, düsteren Klängen, durchbrochen vom angenehmen Sesquialter und dem breiten, wuchtigen Prinzipal, entfaltete Bormann schließlich ein vielfarbiges, romantisches Klangspektrum, das durch den kaum vorhandenen Hall im Kirchenraum nahezu ungefiltert wahrzunehmen war, gleichzeitig jedoch vom Organisten ein äußerst exaktes, sauberes Spiel verlangte.


Schillernde Mixturen

Den von Klangkronen gekrönten Abschluss des Konzertes auf der Königin der Instrumente bildete das "Präludium und Fuge e-Moll" von Adolph Friedrich Hesse. Die schillernden Mixturen vereinten sich mit den satten, wuchtigen Bässen zu einer vollen Klangpracht, die sich auf das komplette Kirchenschiff übertrug und den Zuhörer in einen ausfüllenden Wohlklang einhüllte. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus.
Einen geschichtlichen Überblick über die Entstehungsgeschichte des Gotteshauses und seiner Strebel-Orgel gab Kirchenvorsteher Thilo Hanft. Er erklärte, wie es dazu kam, dass die Orgel bereits heuer ihr 100-jähriges Bestehen feiert, während das Gotteshaus erst im Jahr 1919 eingeweiht wurde.
Der Entschluss zum Bau einer neuen Kirche war unter der Leitung von Pfarrer Max Sommer am 1. Februar 1914 getroffen worden. Die Kirchenverwaltung beschloss am 16. Dezember 1914, den Orgelneubau an die Firma Strebel in Nürnberg laut einem Kostenvorschlag in Höhe von 5530 Mark zu vergeben. Darin festgelegt war auch die Inzahlungnahme der alten Orgel in der Schlosskapelle.
Anfang März konnte aufgrund der Kriegsfolgen die beauftragte Firma endlich mit dem Aufbau in der Kirche beginnen. Das an der Bahnstation Redwitz angelieferte Material musste von der Kirchengemeinde selbst zum Gotteshaus geschafft werden. Zudem hatte die Gemeinde während der gesamten Bauzeit einen Bauhelfer zu stellen. Am 6. April 1916 wurde die Orgel mit ihren 14 klingenden Registern im Auftrag der Kirchenverwaltung von Universitätsmusikdirektor Oechsler aus Erlangen einer Prüfung unterzogen und erhielt Lob und Anerkennung.


Firma Hanft spendabel

Die Fassung und Vergoldung des fünfteiligen Orgelprospekts wurde erst im September 1916 ausgeführt. Nach Zahlung der Restkosten an die Firma Strebel belief sich die Gesamtsumme für die Orgel mit Gebläseantrieb auf 6180 Mark. Glücklicherweise wurde diese Summe durch eine großzügige Spende des Kofferfabrikanten Friedrich Hanft aus Redwitz gedeckt.
Der für Ostern 1917 angestrebte Termin konnte nicht eingehalten werden. Erst am 25. Februar 1919 fand die feierliche Einweihung der Kirche mit vollem Geläut und Orgelwerk statt. Das Jubiläum gilt es in gut zwei Jahren gebührend zu feiern.
Vertrauensfrau Michaela Brief dankte für die Darbietungen und lud zu einen abschließenden Stehimbiss ein. che