Kirchen-Website für müde Wanderer
Autor: Jutta Rudel
Coburg, Freitag, 12. April 2019
Um den Carl-Escher-Weg komplett zu absolvieren, hat es Wanderern bisher an Schlafmöglichkeiten an der Strecke gefehlt. Einige Kirchengemeinden haben etwas gegen die Unterkunft-Not unternommen und die Website "Churchhostel.de" gestartet.
Entlang der etwa 72 Kilometer langen Strecke des Carl-Escher-Wegs gibt es kaum Übernachtungsmöglichkeiten - so stand es Anfang April im Tageblatt. Der Untersiemauer Pfarrer Heinrich Arnold hatte den Artikel gelesen und sich gedacht: "Das kann doch nicht sein!" Bereits im Mai vergangenen Jahres hat die Evangelisch-Lutherische Salvatorgemeinde mit der Website "Churchhostel.de" ein Pilotprojekt gestartet, welches Wanderern entgegenkommt. Über die Seite bieten Kirchgemeinden ihre Gemeindehäuser als Übernachtungsmöglichkeiten an.
Initiator des Projekts ist Pfarrer Arnold. "Ich habe damals, um ehrlich zu sein, nur an Unterkünfte entlang des fränkisch-thüringischen Lutherwegs gedacht", sagt er. Sechs Kirchengemeinden des Dekanats machen bisher mit: Coburg, Untersiemau, Bad Rodach, Großgarnstadt, Gestungshausen und Niederfüllbach. Er ist davon überzeugt, dass mit Hilfe der Website auch der Schlafplatzmangel am Carl-Escher-Weg in kurzer Zeit behoben werden kann.
Pilgerherbergen als Vorbild
"Ich bin selbst passionierter Tour-Radler. Ich habe festgestellt: Gerade in den schönen Gegenden sind die Herbergen dünn gesät", erzählt Heinrich Arnold. Aber es gebe kaum eine Gegend ohne Kirchen und Gemeindehäuser. Zudem habe er selbst vor ein paar Jahren eine Pilgerreise nach Wittenberg in Sachsen-Anhalt gemacht. "Da haben wir auch einfach gefragt, ob wir in einem Gemeindehaus übernachten können."
Nach dem Vorbild der Pilgerherbergen bieten die Kirchgemeinden den Übernachtungsgästen einen Raum mit Matratzen, Felddecken und WC für ein bis zwei Nächte an. Der Preis beträgt pro Person sieben bis zehn Euro. "Man kann über unsere Internetseite einfach Kontakt mit der Gemeinde aufnehmen und nach Übernachtungsmöglichkeiten fragen", erklärt der Untersiemauer Pfarrer.
Zusätzlich können die Wanderer ihre Route auf einer hinterlegten Karte planen und die Unterkünfte nach Kategorien auswählen. So steht zum Beispiel die Kategorie "Blau" für ein bis zwei Reisende, die Kategorie "Rot" für über zehn Personen.
Entlastung für Gemeinde und Wanderer
"Die Kosten sind überschaubar, weil wir kein Hotel und keine Buchungsplattform sind", erklärt Arnold. Die Website stellt lediglich den Kontakt her. Gebucht wird also direkt bei der Gemeinde. Das sei besonders wichtig, damit die Gemeinden ihre Entscheidungshoheit behalten. Diese werden, so Pfarrer Arnold, durch das Projekt stark entlastet: "Es passiert gar nicht mal so selten: Du hast dir gerade die Jogginghose angezogen und wolltest ein Seidla Bier aufmachen und plötzlich klingelt es an der Tür, weil jemand spontan ein Nachtquartier braucht", erzählt er und lacht. Mit Hilfe der Website soll das nicht mehr geschehen und auch die Wanderer sollen vom Angebot profitieren. Heinrich Arnold: "Die Pilger können ihre Tagesetappen flexibler planen und schon viele Monate vor der Wanderung die Unterkünfte kontaktieren."
Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Bis zum Ende diesen Jahres läuft das Pilotprojekt. Arnold ist optimistisch. Ob Wanderer, Radfahrer, Pilgergruppen oder gar Personen, die eine Autopanne erlitten haben: Das Angebot würde bei den Übernachtungsgästen sehr gut ankommen. "Nur bei den Kirchenvorständen ist die Reaktion gemischt", erzählt der Pfarrer. Denn diese teilen die Bedenken, dass die Organisation dennoch viel Aufwand mit sich zieht. Arnold ist aber zuversichtlich, dass sich diese Bedenken mit der Zeit in Luft auflösen.