Hierzu dürfen keine Angaben gemacht werden.
Wie viele Fälle von Kindeswohlgefährdung muss das Jugendamt Coburg pro Jahr behandeln? Und in wie vielen Fällen muss ein Kind aus der Familie genommen werden?
Das Amt für Jugend und Familie der Stadt Coburg hat im Durchschnitt der letzten fünf Jahre in rund 35 Fällen Hinweise auf eine vermutete oder tatsächliche Kindeswohlgefährdung erhalten. In der Regel gelingt es, eine stabile Zusammenarbeit mit den Eltern herzustellen, so dass Maßnahmen, die tief in die elterliche Sorge eingreifen würden, die große Ausnahme darstellen.
Voraussetzung für den Eingriff in die elterliche Sorge ist stets, dass das zuständige Jugendamt einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht stellt. Auf Grundlage der einschlägigen Rechtsvorschriften kann ein Entzug oder Teilentzug der elterlichen Sorge ohnehin nur durch das Familiengericht selbst angeordnet werden.
Ein Jugendamt selbst kann maximal eine sogenannte "Inobhutnahme" aussprechen, um das Kindeswohl unmittelbar, beispielsweise bei Gefahr in Verzug, zu schützen. Auch dies muss innerhalb enger Fristen durch Gerichtsbeschluss im Nachhinein abgesichert werden.
In den letzten Jahren musste hiervon in durchschnittlich drei Fällen pro Jahr Gebrauch gemacht werden, in allen anderen Fällen ist es gelungen, durch intensive Beratungsarbeit die Eltern in ihrer Erziehungsfähigkeit zu stützen oder dazu zu motivieren, einen Antrag auf Hilfen zur Erziehung zu stellen.
Eltern haben einen Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung in der Kindererziehung, zum Beispiel ambulant durch die sozialpädagogische Familienhilfe. Wenn ein Verbleib der Kinder oder Jugendlichen im häuslichen Umfeld für einen bestimmten Zeitraum oder sogar auf Dauer nicht mehr möglich ist, gibt es Pflegefamilien oder stationäre Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, wo sie aufwachsen können. Generell ist es das Ziel jedes Jugendamtes, nach Möglichkeit familienerhaltend und nicht familienersetzend zu arbeiten.
Wann beginnt eine Kindesmisshandlung?
Jede Beeinträchtigung eines Kindes, die geeignet ist, die körperliche und seelische Entwicklung eines Kindes nachhaltig zu stören, gilt bereits als Misshandlung. Leider stellen Fachleute bundesweit eine Zunahme dieser Fälle fest. Im Arbeitsalltag verfügen Fachkräfte, nicht nur die der Jugendämter, über einen Katalog von Anhaltspunkten, die auf eine Gefährdungssituation hinweisen können.
Wie sollten Menschen reagieren, wenn sie im Bekannten-, Freundeskreis, in der Familie oder der Nachbarschaft auffällige Beobachtungen machen?
Zunächst sollte jedermann mit einer vertrauten Person darüber sprechen, welche Beobachtungen gemacht wurden, um selbst Klarheit darüber zu bekommen, ob eine Meldung beim Jugendamt erforderlich ist. Je nach Einzelfall besteht durchaus auch die Möglichkeit, die Hinweise an das Fachpersonal im Kindergarten, in der Schule oder anderer sozialer Einrichtungen, wo das Kind sich aufhält, weiterzugeben.
Vielleicht kann bereits dadurch schon eine Gefährdung reduziert oder ganz beseitigt werden. Sollte das nicht infrage kommen, die Meldung an das Jugendamt nach Abwägung dennoch erforderlich oder das Gefährdungspotential sehr groß sein, ist eine telefonische Information oder persönliche Vorsprache im Amt am besten.
Auch eine Vorabinformation per E-Mail ist möglich. Es besteht grundsätzlich "Melder-Schutz", das bedeutet, dass diejenigen Personen, die einen Hinweis geben oder eine Meldung zu einer vermuteten oder tatsächlichen Kindeswohlgefährdung machen, durch das Jugendamt nicht offengelegt werden müssen. Es kommt immer wieder vor, dass auch anonym Hinweise gegeben werden. Hier ist die anschließende Bearbeitung schwierig, weil die Hinweise oft sehr vage sind oder es um etwas anderes, wie üble Nachrede, gehen könnte. Das Amt für Jugend und Familie bietet Fachkräften die Möglichkeit zur anonymen Fallberatung an.
Wann muss ein Kind tatsächlich aus der Familie genommen werden? Gibt es Kriterien dafür?
Ja, es gibt Kriterien, nach denen wir handeln. Wesentliche Kriterien liegen in der Art und Schwere einer Gewaltanwendung, wie der körperlichen und seelischen Vernachlässigung, der körperlichen und/oder seelischen Misshandlung oder der sexuellen Gewalt. Weiterhin maßgebend ist die Schutzbedürftigkeit des Minderjährigen, die sowohl von seinem Alter, seinem Entwicklungsstand und seinen persönlichen und sozialen Ressourcen als auch von seiner aktuellen gesundheitlichen Situation abhängt. Je jünger das Kind desto höher ist das Gefährdungsrisiko einzuschätzen, zudem bei bereits vorhandenen Entwicklungsverzögerungen, bei (chronischer) Krankheit oder einer Behinderung. Grundsätzlich gilt aber: Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und geht uns alle an. Verschiedenste Partner tragen zur Sicherstellung des Schutzauftrages zur Sicherung des Kindeswohls bei.
Die Fragen stellte Christiane Lehmann.