Druckartikel: Kein Schutz vorm Datenschutz

Kein Schutz vorm Datenschutz


Autor: Marco Meißner

Kronach, Donnerstag, 20. Sept. 2018

Die Vereine in der Region kämpfen mit den beträchtlichen Anforderungen der neuen Datenschutz-Grundverordnung. Wie gefährlich ist dieses "Ungeheuer" wirklich?
Ist die neue Datenschutz-Grundverordnung für die Vereine nur ein Klotz am Bein? Symbolbild: Marco Meißner


Marco Meissner Der Spuk graust vielen Organisationen - auch so ließe sich DSGVO "übersetzen". Dieser Eindruck entsteht, wenn in Vereinen und Firmen über das Schreckgespenst Datenschutz-Grundverordnung geredet wird. Selbst Rechtsanwältin Sabine Gross aus Kronach spricht von einem "Ungetüm". Sie versteht, dass die DSGVO Vereinsfunktionären und Betreibern kleiner Läden Angst einflößt. Aus dem Weg gehen könne man ihr aber nicht.

Das zeigt sich auch in der heimischen Vereinswelt. Der SPD-Ortsverein Schneckenlohe stellte beispielsweise seine Homepage ab. Als Grund gibt dessen Vorsitzender Joachim Sünkel die neuen Datenschutz-Richtlinien an.

Sensibilisiert

So weit geht man beim größten Verein im Landkreis nicht. Jörg Schnappauf, Vorsitzender der Turnerschaft Kronach, stellt fest, dass er und seine Vorstandskollegen sensibilisiert für das Thema sind. Grundlagen für die Anpassung des Datenschutzes hat der Verein schon vor zwei Jahren gelegt, seither wird nachjustiert. Einverständniserklärungen zu Bildrechten, keine Herausgabe von Daten, Aufklärung im Verein, Überprüfung der Datenverarbeitung, Festlegungen in der Satzung - es gibt viele Ansatzpunkte.

Sperriges Rechtskonstrukt

Doch obwohl sich die Turnerschaft gut gerüstet sieht und die Mitglieder entspannt mit der Veränderung umgehen, zweifelt Schnappauf am neuen, sperrigen Rechtskonstrukt. "Wir führen immer noch ein Ehrenamt aus", betont er, "wir haben keine Geschäftsstelle. Wir müssen das Ganze natürlich ernstnehmen, aber die Vorgaben sollten auch in der Praxis umsetzbar sein."

Schwammig und bürokratisch

Sabine Gross kann verstehen, dass die Vereine ihre Arbeitsweisen momentan genau hinterfragen. Sie selbst ist im Vorstand des Kronacher Mietervereins aktiv und weiß aus beruflicher wie Funktionärssicht, wie "wahnsinnig schwammig und bürokratisch" das neue Gesetz ist. "Es ufert alles aus. Es ist ein richtig sprödes Gesetz, dem man sich ungern nähert." Doch es komme keiner darum herum, sich mit dem Gesetzt zu befassen, sobald Daten gesammelt werden. "Und da gibt es keine Unterscheidung zwischen den Aquarienfreunden und dem DFB - für alle gelten die gleichen Anforderungen."

Keine Einwilligung

Alles was gebraucht werde, um die Mitgliedschaft ausüben oder kommunizieren zu können, benötige keine Einwilligung des Betroffenen, sagt Sabine Gross zur Verarbeitung von persönlichen Daten. Schon zu dieser grundsätzlichen Frage geisterten viele falsche Informationen durch die Reihen der Vereine. Problematischer seien die Dokumentationspflicht und die Belehrung eines jeden neuen Mitgliedes. Was Neuzugängen an Erklärungen an die Hand gegeben werden muss, "das liest kein Mensch"!

Trotzdem macht Gross den Vereinen Mut, sich ins Thema einzuarbeiten. Mit einem Aussitzen werde es in diesem Fall nicht getan sein. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die DSGVO wieder gekippt wird. Und letztlich gelte: "Man kann alles hinbekommen, man muss nur mal damit anfangen!"

Es gibt größere Probleme

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Hält die Anwältin das neue Gesetz trotz der Bürokratie zumindest für einen Fortschritt bei der Datensicherheit? Nur bedingt. "Unser eigentliches Problem ist doch, dass wir für Facebook, Amazon & Co. unsere Daten freiwillig hergeben. Diese Jungs wissen alles über uns. Das ist ein viel größeres Problem als das, was kleine Vereine oder Geschäfte machen."