Karfreitagsmusik begeistert nach wie vor
Autor: Sonny Adam
Mainleus, Freitag, 14. April 2017
Die musikalische Version Joseph Haydns vom Leiden Christi wurde in der Mainleuser Kirche dargeboten - ein Kunstgenuss.
Applaus haben sich Lena Schaefer (Violine), Sybille Hanf (Violine), Johannes Heinlein (Viola) und Stefan Sanke (Violoncello) am Karfreitag ausdrücklich verbeten. Denn nach den sieben musikalischen Sätzen, der Introduktion und dem Terremoto-Erdbeben nach dem Tod Jesu am Kreuz hätten nur blanker Hohn sein können. Und zwangsläufig hätte jegliche Respektsbekundung für die Musiker die Stimmung, die das Quartett in der einstündigen musikalischen Karfreitagsandacht mit viel Können aufgebaut hatte, zerstört. So gingen die zahlreichen Zuhörer, die zur Sterbestunde Christi in die Andacht gekommen waren, schweigend aus der Mainleuser Christuskirche.
Schweren Herzens, denn die Leistung, die das Streichquartett präsentierte, sucht ihresgleichen. Mit viel Fingerspitzengefühl und Feingefühl zelebrierten die vier Musiker die Töne.
Nach einer dramatischen Introduktion mit punktierten Rhythmen schaltete sich Pfarrer Michael Schaefer ein und zitierte die letzten Worte des Erlösers.
"Vater, Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun": Die Sonata I war dominiert von Wehmut und seufzend-anrührenden Passagen. Haydn drückte die Enttäuschung des zum Tode verurteilten Christus über die Menschen aus, aber ohne Dramatik, ohne Vorwürfe.
"Heute wirst du mit mir im Paradiese sein": In der zweiten Sonate wiederholte sich das Thema - so, als ob Christus seinen Mit-Verurteilten am Kreuze Trost spenden würde. Das Streichquartett verstand es, die Schönheit des c-Moll-Motives optimal zur Geltung zu bringen.
Akzente mit drei Akkorden
"Frau siehe, dies ist dein Sohn": Jesus vertraut seinem Lieblingsjünger seine Mutter an. Mit nur drei Akkorden setzte Haydn bei diesem Satz Akzente, verbreitete Dramatik, brachte die Verzweiflung, die Jesu Mutter beim Anblick ihres eigen Fleisch und Blutes wohl empfunden haben muss, zum Ausdruck."Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?": Das berühmte Jesuswort aus dem Matthäus-Evangelium drückt sich in musikalischer Dramatik aus. Vor allem Stefan Sanke (Cello) sorgte für die Steigerung des Themas.
"Mich dürstet!": In der fünften Sonate verlassen Jesus die Kräfte. Unisono leiten die vier Streicher den Satz ein, es folgen zarte Pizzicati. Die Violine erhob sich - geradezu spährisch - über die anderen Stimmen. Die langen Passagen wirkten wie ein Seufzen, die Zuhörer mussten erkennen, dass der Todeskampf dem Ende entgegenging.
"Es ist vollbracht": Mit der sechsten Sonate rührten die vier Streicher, die in der Christuskirche musizierten, die Herzen an. Jesus starb mit pathetischen Wendungen. Doch zu Ende waren die sieben Worte noch nicht. Die Musiker spielten noch "In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist" - einen Satz in Es-Dur, und das Terremoto (Erdbeben)-Schlusstück, das Haydn für die Karfreitagsandacht vorgesehen hat.
"Und die Erde bebte und die Felsen zerrissen und die Gräber taten sich auf", verlas Pfarrer Michael Schaefer.
Mit einem dramatisch-aufrührenden Schluss hatten sich die Musiker höchste Anerkennung für ihre Leistung verdient.