Kanal auf den Grund gegangen
Autor: Ralf Kestel
Rentweinsdorf, Mittwoch, 04. März 2015
Marktgemeinderat In Rentweinsdorf wird dem Fremdwasser im Leitungssystem nun systematisch nachgespürt.
von unserem Redaktionsmitglied Ralf Kestel
Rentweinsdorf — Sie kamen sich vor wie Harry Lime im Schwarz-Weiß-Thriller "Der dritte Mann" mit Orson Welles. Doch die Mitglieder des Marktgemeinderates Rentweinsdorf irrten am Montagabend nicht durch die Unterwelt im Nachkriegs-Wien, sondern per Video durch den Hauptstrang der Kanalisation von der alten Kläranlage bis zum Planplatz. Stets dem Fremdwasser auf der Spur. Ein Problem, das das Gremium seit Jahren schon umtreibt.
Aufgrund der Aufnahmen einer Kamerabefahrung durch das 1,20 Meter hohe Betonrohr aus dem Dezember 2008 und des Sachverstands von Dipl.-Ing Jürgen Kittner scheint man einer Lösung zumindest einen Schritt näher gekommen zu sein. "Eine Lösung, die bezahlbar sein muss", hatte Bürgermeister Willi Sendelbeck (SPD) gefordert, der einmal mehr die ganze Vorgeschichte abspulte und "den Leuten nicht noch einmal Geld abverlangen will".
Misstrauen in und nach Ebern
Ganz ohne Investitionen wird's aber nicht gelingen. Rund 35 000 Euro fallen schon für eine Messeinrichtung an, mit der festgehalten wird, wie viel Wasser von Rentweinsdorf in die Kläranlage nach Ebern gepumpt wird. "Ebern wird gemessen, Pfarrweisach wird gemessen und der Rest bei Rentweinsdorf draufgeschlagen", meldete der Bürgermeister Zweifel am Berechnungsmodus an.
Das ließe sich mit einer Messeinrichtung in einem Schacht oberhalb von Lind nachbessern, lautete dazu die Antwort von Jürgen Kittner.
Doch wieder meldete Sendel-beck Bedenken am eigenen Vorschlag an. "Das alles kostet Geld und die Leut' müssen's bezahlen. In Ebern sind sie gar nicht so begeistert, dass wir selber messen wollen", wusste er aus der (seiner?) Verwaltung.
Da gab sich Willi Andres (CSU) aber resolut: "In Rentweinsdorf hat sich im Verlauf der Jahre viel verändert. Deswegen gehört gemessen, weil wir wissen ja gar nicht, was wir einleiten." Und auch Zweiter BürgerKurt Weißheimer (ÜWG) sah Probleme nahen, weil "unsere Genehmigung nur bis 2018 gilt und wir den Fremdwasseranteil in den Griff bekommen müssen". Er forderte, dass die Erstellung eines Kanalkatasters vordringlich wäre.
Was auch Jürgen Kittner so sah. Zunächst sollte ein Kanalkataster erstellt werden (geschätzte Kosten: 20 000 Euro), dann weitere Kamera-Befahrungen durchgeführt werden (Kosten: 15 000 Euro), womit der Sanierungsbedarf ermittelt und die Überprüfung und Nachbesserung vor Ort möglich sei.
Aufgrund des vorliegenden Videos zeigte Kittner den Räten, dass viele Hausanschlüsse unzulänglich seien und dort Fremdwasser einströme.
Helmut Grell (ÜWG) wunderte sich über die Aufnahmen von der Kanalsohle aus 2008: "Da läuft ja nur sauberes Wasser." Was Wasser auf die Mühlen von Jürgen Kittner war "Der Hauptkanal ist in Ordnung, nur die Einlässe der Hausanschlüsse nicht." Was er an mehreren Detailaufnahmen deutlich machte. Die abzudichten, sei aber gar nicht so schwierig, weil "der Kanal ja begehbar ist und einer rein kann, um diese Problemstellen abzudichten".
"Warum wurde uns das bisher nicht vorgeschlagen?", staunte Petra Haubner (ÜWG). Was Kittner relativierte: "Das habe ich schon zwei Mal gemacht."
Während Bürgermeister Willi Sendelbeck fürchtete, dass "wir die Kosten doch nicht auf die Einleiter umlegen können", was laut Satzung schwierig sein dürfte, monierte Volker Zürl, dass "punktuelle Messungen über den Fremdwasseranteil uns bisher noch nicht vorgeschlagen worden waren".
Kanal liegt tief
Solche kosten laut Dipl.-Ing. Kittner über einige Monate rund 6000 Euro. Und er empfahl, damit an der alten Kläranlage anzufangen, um "sich dann so hochzuhangeln". Kittner: "Ich würde mit den Altkanälen anfangen, weil die tief drinnen liegen." So tief, dass "mit zwei Baggern gearbeitet wurde und man den unten in der Grube gar nicht mehr gesehen hat", erinnerte sich der Bürgermeister.
Weiter empfahl Gemeindeplaner Kittner im Bereich Pfortenklinge und Kaulberg ebenfalls Kamera-/Nabelschauen in den dort verlegten Leitungen.
Die Marschroute gab der Bürgermeister vor: "Plan machen, Kostenschätzungen erstellen, wir brauchen Lösungen und konkrete Angebote."