Kampf um Frankens Kunden
Autor: Rainer Lutz
Neustadt bei Coburg, Dienstag, 19. Januar 2016
Die Stadtwerke von Forchheim werfen ihren Neustadter Kollegen vor, im fremden Revier zu wildern. Doch die sagen, angefangen haben die Forchheimer.
Konkurrenz unter Anbietern ist nicht selten gut für die Kunden. Gerade bei den Energiekosten lässt sich sparen, seit der Energiemarkt 1998 liberalisiert wurde. Die Art des Preiskampfes, die auf diesem Markt jetzt zwischen den Stadtwerken in Neustadt und Forchheim ausgebrochen ist, ist allerdings eine besondere.
Mitte Januar schon titelte eine Zeitung "Stadtwerke Neustadt wildern in Forchheim". Dass es aber die Werke aus Forchheim waren, die mit dem Wildern angefangen haben, das wurde dabei nicht erwähnt. Und das ärgert Elke Grußka, die bei den Stadtwerken in Neustadt für Marketing und Vertrieb verantwortlich ist. "Bereits im Herbst 2014 haben Kunden der Stadtwerke Neustadt ein zielgerichtetes Schreiben der Stadtwerke Forchheim mit einem Strompreisangebot erhalten.
Bereits mit diesem Schreiben sind einem ausgewählten Kundenkreis in ganz Oberfranken Strompreise angeboten worden, die unter denen der Stadtwerke Neustadt, aber auch weit unter denen des Anbieters, nämlich der Stadtwerke Forchheim in deren eigenem Versorgungsgebiet, lagen", sagt sie und legt das Schreiben auf den Tisch, das die Neustadter damals erhalten haben. Damals hätten die Forchheimer, den Vorstoß heruntergespielt. Man habe sich halt von den Siedlerverbänden zu einem Angebot für ihre Mitglieder breitschlagen lassen, berichtet Elke Grußka. Doch 2015 habe sich das Vorgehen wiederholt. "Das Angebot der Stadtwerke Forchheim für oberfränkische, und damit auch für Neustadter Kunden, wurde erweitert, das heißt, dass jetzt zusätzlich Erdgas in das Angebot aufgenommen wurde", erklärt Grußka und hat auch dazu das passende Anschreiben parat.
Ein Angriff, dem die Neustadter nun ihrerseits etwas entgegensetzen wollten, nach dem Motto: "Obacht, Kollegen, das können wir auch."
Neustadt kontert
So erhielten tatsächlich die Forchheimer Haushalte ein Schreiben der SWN mit einem sehr günstigen Angebot. In einer vor Ort erscheinenden Zeitung wird der Vertriebsleiter der Forchheimer Stadtwerke, Michael Penert, dazu zitiert: "Der Neustadter Echtpreis liegt beim Durchschnittshaushalt um etwa 20 Euro pro Jahr höher als der Forchheimer Standard-Tarif. Der Neustadter Kampfpreis allerdings liegt um rund 100 Euro niedriger als unser Tarif." Ein Betrag, mit dem Haushalte schon zum Nachdenken gebracht werden können.
Allerdings auch ein Preis, der deutlich unter dem günstigsten Tarif liegt, den die SWN im eigenen Neustadter Revier anbieten.Gerhard Korn rechnet als Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Wildenheid vor, dass ein Durchschnittshaushalt bis zu 300 Euro im Jahr bei Strom und Gas sparen könnte, wenn er diesen niedrigen Tarif bekäme.
Dass es den in Neustadt aber nicht gibt, begründet Elke Grußka mit den Netzentgelten, die jeder Anbieter entrichten muss, wenn er die vorhandene Infrastruktur nutzen will. Die seien in Neustadt höher als in Forchheim. Sie sind das aber auch für die Forchheimer, die jetzt in Neustadt günstiger anbieten als die SWN. Nach Grußkas Einschätzung zahlen die Forchheimer dabei drauf.
"Wenn ein Wettbewerber mit eigenen Energienetzen wiederholt versucht, und das mit absoluten Niedrigpreisen, in unserem Vertriebsgebiet gezielt Kunden abzuwerben, ist es für uns legitim, in dessen Vertriebsgebiet ebenfalls Angebote zu unterbreiten, um dessen Kunden zu sensibilisieren", sagt Grußka. Weil die Netzkosten in Forchheim niedriger sind, könnten die SWN es sich leisten, dort sogar den Platzhirsch zu unterbieten. Sie rechnet aber auch für den Wettbewerber vor: "Sieht man sich die Erdgasverkaufspreise der Stadtwerke Forchheim genauer an und zieht jeweils die Netz- und Messentgelte ab, stellt man fest, dass in Neustadt das Forchheimer Erdgas für rund 53 Prozent des Preises, den die normalen Kunden in Forchheim zahlen müssen, verkauft wird." Und: "Würden die Stadtwerke Neustadt diese Preise in Neustadt anbieten, wären ihre Tage als Versorgungsunternehmen gezählt. Und das kann weder im Sinne der Kunden, noch der Stadt Neustadt sein."