Druckartikel: Jungbrunnen aus dem Senegal

Jungbrunnen aus dem Senegal


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Donnerstag, 12. Januar 2017

Erzbischof Ludwig Schick weilt derzeit mit einer Delegation aus dem Erzbistum Bamberg im afrikanischen Partnerbistum Thiès. Unsere Mitarbeiterin Marion Krüger-Hundrup ist dabei.
Erzbischof Ludwig Schick kam in diesen Tagen auch mit dem Marabu von Diourbel (Bistum Thiès/Senegal), Baye Dara, zusammen.  Foto: Marion Krüger-Hundrup


Für Erzbischof Ludwig Schick ist die Diözesanpartnerschaft zwischen Bamberg und Thiès im Senegal keine Einbahnstraße. Zudem sei das Erleben dieser blühenden afrikanischen Kirche mit ihrem vielfältigen Engagement eine "Verjüngungskur und ein Jungbrunnen" für die Kirche daheim. Auch die friedliche Koexistenz von Christen und Muslimen im Senegal könne ein Vorbild für Deutschland sein. Ein Gespräch mit dem Erzbischof vor Ort in Thiès.

Sind Sie derzeit als Bamberger Diözesanbischof oder eher als "Außenminister" der Deutschen Bischofskonferenz im Senegal unterwegs?
Ludwig Schick: Die Erzdiözese Bamberg hat vor zehn Jahren eine Partnerschaft mit der Diözese Thies im Senegal förmlich unterzeichnet. Sie wird auf verschiedenen Ebenen und von verschiedenen Gruppen intensiv zum Nutzen aller gepflegt. Um dieses Jubiläum zu feiern, bin mit ich mit einer Delegation aus Bamberg derzeit im Senegal.

Ist die Diözesanpartnerschaft Bamberg-Thiès das exotische Hobby des Weltkirche-Bischofs Schick?
Viele Diözesen in Deutschland haben Partnerschaften mit Diözesen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Als Weltkirchen-Bischof ermutige ich dazu. Sie sind ein wichtiges Element des weltkirchlichen Engagements und für die Kirche und die gute Entwicklung der Gesellschaften wichtig.

Priester aus dem Bistum Thiès übernehmen die Urlaubsvertretung für Kollegen im Erzbistum Bamberg, nun gibt es sogar einen fest installierten senegalesischen Pfarrvikar in Oberhaid. Wann geht ein Bamberger Priester nach Thiès, damit es keine Einbahnstraße wird?
In der Vergangenheit sind Priester und Ordensleute aus Deutschland und Europa, auch aus der Erzdiözese Bamberg, nach Afrika gegangen und haben dort die Kirche aufgebaut. Jetzt kommen afrikanische Priester und indische Ordensschwestern zu uns. Von uns machen junge Menschen im Senegal und anderswo ein freiwilliges Jahr. Wir unterstützen die Kirche im Senegal mit unserem theologischen und verwaltungstechnischen Know how sowie finanziell und materiell. Im Austausch und mit gegenseitiger Hilfe entwickelt sich Kirche und wird weltweit entfaltet. Jeder bringt dabei ein, was er hat und womit er dem anderen nützlich sein kann. Das ist Kirche und so läuft Kirche.

Warum ist es so wichtig für Deutsche, Kontakte nach Afrika zu pflegen?
Jeder Austausch bereichert. Die Kultur eines anderen Volkes kennenzulernen ist immer ein Zugewinn. Für uns Christen in Deutschland ist die Spiritualität, die lebendige Liturgie, die selbstverständliche Glaubenspraxis im Alltag und in der Öffentlichkeit sowie das aktive ehrenamtliche Engagement vieler in der Kirche Afrikas eine wichtige Erfahrung, die für unser Glaubensleben wie eine Verjüngungskur wirkt und für unser kirchliches Leben ein Jungbrunnen ist.

Aus dem Senegal gelangen Asylbewerber ohne Aussicht auf ein Bleiberecht nach Deutschland. Wie kann diesen Menschen eine Perspektive gegeben werden?
Der Senegal ist ein schönes und reiches Land - reich an starken Menschen, an Landschaft, an fruchtbarem Ackerland, an Bodenschätzen -, das trotzdem arm ist. Wir müssen dem Land helfen, dass es seine Potenziale entwickelt. Wenn die Aussicht auf eine bessere Zukunft sich verbreitet, bleiben die jungen Menschen. Entwicklung im Land muss die erste Aufgabe sein, damit es weniger Flüchtlinge aus dem Senegal gibt.
Wer in Deutschland ankommt, muss menschlich aufgenommen werden. Es können aber nicht alle bleiben. Die Senegalesen haben kein Bleiberecht, weil sie im Senegal leben können und gebraucht werden. Das sollte man ihnen gut vermitteln und sie mit Ausbildungs- und Entwicklungsangeboten zur freiwilligen Rückkehr bewegen.
Bei Ihrer jetzigen Begegnung mit dem Marabu Baye Dara in Diourbel (Bistum Thiès) haben Sie die friedliche Koexistenz von Christen und Muslimen im Senegal gewürdigt. Könnte dieses Zusammenleben der Religionen ein Vorbild für Deutschland sein in Zeiten von Flüchtlingskrise und Angst vor dem Fremden?
Im Senegal ist das Verhältnis von Christen und Muslimen gut. Das liegt daran, dass es seit Jahrzehnten einen regelmäßigen Kontakt zwischen den Religionsführern gibt. Auch auf örtlicher Ebene und in den Familien gibt es Austausch, gegenseitigen Respekt und Anerkennung. Die Muslime im Senegal haben derzeit genauso viel, wenn nicht mehr Befürchtungen angesichts der Radikalisierungen im Islam durch IS, Boko Haram, Dschihadisten als die Christen. Die radikalen Islamisten haben es immer zuerst auf ihre Glaubensgeschwister, die nicht so sind wie sie, abgesehen und dann auch auf die Christen. Das sollten wir wissen. Muslime und Christen müssen noch viel mehr gemeinsam bekennen, dass sie jede Form von Gewalt gegeneinander ablehnen und auch dem Koran nicht folgen wollen, wenn er zur Gewalt in bestimmten Situationen aufruft, zum Beispiel beim Glaubenswechsel.
Die ständige Pflege des friedlichen Miteinanders der Muslime und der Christen im Senegal kann für uns in Deutschland ein Vorbild sein. Das gute Miteinander von verschiedenen Religionen, Rassen und Kulturen ist nie ein Automatismus, es muss durch Dialog, gegenseitiger Achtung und Hilfsbereitschaft ständig erworben und erhalten werden.

Das Gespräch führte
Marion Krüger-Hundrup.