Johannes Dinkel trug das 18 Kilogramm schwere Wallfahrtsbild
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Uetzing, Freitag, 27. Mai 2016
"Wallfahrer ziehen durch das Tal mit fliegenden Standarten", bemerkte schon Viktor von Scheffel vor 157 Jahren in seinem berühmten Frankenlied. Daran hat si...
"Wallfahrer ziehen durch das Tal mit fliegenden Standarten", bemerkte schon Viktor von Scheffel vor 157 Jahren in seinem berühmten Frankenlied. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wohlbehalten kehrten dieser Tage 107 Gläubige von ihrem viertägigen Gebetsgang aus Gößweinstein zurück.
"Betend und singend zogen wir durch Wald und Flur. Unser Weg führte uns nun auf Feldwegen vorbei an üppigen Wiesen, Ackerfeldern und durch Wälder. Spätestens jetzt lassen sich so einige an Alltagssorgen abfallen und wir genießen unsere wunderschöne Landschaft. Etliche neue Gebetstexte wurden in diesem Jahr gebetet. Die Palette der Gebete ist sehr breit gefächert. Sie stimmen nachdenklich, machen Mut, lassen uns wieder auf den Boden kommen und schärfen den Blick für das Wichtige.
Im alltäglichen Leben vergessen wir leider all zu oft, worauf es tatsächlich ankommt", erläutert der Wallfahrtsführer Wolfgang Herold. "In den Ortschaften läuten stets die Glocken der Dorfkapellen. Am Samstag pünktlich um 4.15 Uhr verließen wir dann Hollfeld in Richtung Waischenfeld.
Im Tal ziehen die Nebelschwaden, ein etwas mystischer Anblick, der immer wieder beeindruckt. An der ,Weißen Marter‘ bei Köttweinsdorf konnte man erstmals die Kirchtürme der Gößweinsteiner Basilika sehen", erzählte Herold, der seit 2000 das Amt des Wallfahrtsführers inne hat. "Die letzte große Hürde ist der Berg von der Behringermühle hoch nach Gößweinstein. Im Gänsemarsch laufen wir den steilen Berg, der gar nicht enden will, hoch. Oben angelangt stellen wir uns ordentlich in Reih und Glied auf, denn nun kommt für alle Pilger sicherlich der bewegendste Teil unserer Wallfahrt.
Mit dem Lied ,Lauft Jung und Alt‘ ziehen wir in die Basilika ein. Viele Pilger aus der Heimat und Angehörige säumten die Straßen. Als wir das alte Posthaus erreichten, begannen die Glocken mit einem klangvollen Festgeläute, das doch sehr bewegt", fügt Herold an.
Tränen kullern übers Gesicht
"Es ist die Freude und die Überwältigung, es wieder geschafft zu haben, gepaart mit leichter Erschöpfung, dass dem einen oder anderen ja auch ein paar Tränchen übers Gesicht kullern. Und wer sich Blessuren zugezogen hat, der konnte seine Beschwerden in Gößweinstein bei den ehrenamtlichen Fußpflegern direkt neben der Basilika lindern lassen."In erster Linie sollte man das Augenmerk auf das Schuhwerk legen. "Denn welche Plage Blasen an den Füßen sein können, weiß sicher jeder, der schon mal Blasen hatte", erzählt eine Pilgerin aus eigene Erfahrung. "Wie gut, dass einige der freiwilligen Feuerwehr den Verkehr regeln, denn ganz ungefährlich ist das Wallfahren auf der Straße nicht."
Außerdem müssen kirchliche Veranstaltungen, die über das ortsübliche Maß hinausgehen, spätestens zwei Monate vor Beginn im Landratsamt Lichtenfels angemeldet werden. Dies verständigt dann alle auf dem Weg der Wallfahrt liegende Landkreise. Tagsüber müssen am Zuganfang und Zugende reflektierende Warnwesten getragen werden. "Bei Dunkelheit muss die Wallfahrt mit einer Beleuchtung gesichert werden. Zusätzlich wird unsere Wallfahrt mit einem Begleitfahrzeug vor und hinter der Gruppe mit Gelben Blinklicht gesichert", berichtete der Wallfahrtsführer.
Stärkung am "Schlockenstein"
Die zwei Begleitfahrzeuge wurden von Rudi Tischer und Ludwig Ultsch zur Verfügung gestellt. Am "Schlockenstein" bot die Familie Reinhardt aus Uetzing den Pilgern eine Stärkung an, was die trockenen Kehlen auch zu schätzen wussten. "Als mein Schwiegervater Hans Kerner den beschwerlichen Bittgang nicht mehr mitgehen konnte, hatte er die Idee, den Wallfahrern am Schlockenstein eine Kanne mit frischem Bier zu bringen. Inzwischen ist Hans Kerner verstorben und aus der Kanne Bier wurden einige erfrischende Getränke für die trockenen Kehlen", erzählt Anton Reinhardt.
Es gilt als eines der schönsten und ist bestimmt eines der schwersten - das Wallfahrtsbild aus Uetzing. 18 Kilogramm zusätzliches Gewicht hatte Johannes Dinkel aus Kleukheim zu bewältigen. Das Bild ist vollkommen aus Holz gearbeitet und besitzt eine sehr aufwendig gearbeitet barockisierende und schwungvolle Rahmung, die oben von einem Reichsapfel gekrönt wird.
Dieses Bild in neubarocker Form wird dabei von einer Person während der Wallfahrt getragen. "Die Bildträger nach Gößweinstein sind bis zum Jahr 2020 ausgebucht", erwähnt der Wallfahrtsführer. Eine Abordnung der Uetzinger Blaskapelle begleitete den Pilgerzug während der gesamten Strecke.