In der Schule hat es "klick" gemacht

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Thekla Selig aus Wonfurt ist glückliche Abiturientin. Sie hat die Allgemeine Hochschulreife mit einem Notendurchschnitt von 1,3 erst nach einer abgeschlossenen Ausbildung am Bayernkolleg in Schweinfurt erworben. Foto: Ulrike Langer
Thekla Selig aus Wonfurt ist glückliche Abiturientin. Sie hat die Allgemeine Hochschulreife mit einem Notendurchschnitt von 1,3 erst nach einer abgeschlossenen Ausbildung am Bayernkolleg in Schweinfurt erworben. Foto: Ulrike Langer

Abschluss  Thekla Selig aus Wonfurt beweist, wie schon ihr Vater, dass selbst eine mittelmäßige Grundschülerin mit der richtigen Unterstützung ein sehr gutes Abitur erreichen kann.

von unserer Mitarbeiterin Ulrike Langer

Wonfurt — Die Abiturientin Thekla Selig aus Wonfurt ist "sehr, sehr glücklich". Denn sie hat in diesem Jahr die Allgemeine Hochschulreife erhalten. Mit dem hervorragenden Notendurchschnitt von 1,3 beendet sie ihre Schullaufbahn aber nicht auf einem Gymnasium, sondern auf dem zweiten Bildungsweg beim Bayernkolleg in Schweinfurt.
Auch wenn die 22-Jährige das von ihr begehrte Zeugnis erst über Umwege bekommen hat, so ist sie doch im Nachhinein zufrieden mit ihrem bisherigen schulischen und beruflichen Weg. "Für mich war es das Beste, erst eine Berufsausbildung abzuschließen und dann das Abitur nachzumachen. Denn ich habe Erfahrungen gesammelt, die Abiturienten am Gymnasium nicht machen können", sagte sie. "Vielmehr bin ich ihnen sogar einen Schritt voraus, weil ich jetzt weiß, was ich will: ein Studium in Biologie und Physik für das Gymnasiallehramt."

Eltern unterstützen Realschule

Einfach war der Werdegang bisher nicht. Thekla Selig musste nach der Grundschule eine Aufnahmeprüfung für die Realschule absolvieren, weil sie nicht den geforderten Notendurchschnitt aufweisen konnte. Obwohl sie auch die Prüfung nicht bestand, durfte sie die Realschule doch besuchen, weil ihre Eltern ihren Wunsch unterstützten.
"Als Grundschülerin hatte mich vieles, was in der Schule gelehrt wurde, nicht interessiert, und manches verstand ich einfach nicht", erzählte sie. "In der Realschule tat ich mir anfangs auch sehr schwer. Doch plötzlich hat es Klick gemacht und ich hatte nur noch gute Noten." In dieser Zeit festigte sich in ihr der Wunsch, das Abitur zu erwerben. "Lehrerin zu werden, war mein heimlicher Kinderwunsch", so Thekla Selig.

Das Ziel vor Augen

Weil ihr aber die Zweige auf der Fachoberschule nicht zusagten, bewarb sie sich erst einmal für eine Ausbildung. Eigentlich wollte sie Chemielaborantin werden. Als sie dann aber nach lauter Absagen eine Zusage für eine Ausbildung zur Bürokauffrau erhielt, griff sie zu.
"Die Ausbildungszeit war schön. Ich hatte liebe Kollegen, fand etliche Freunde, habe viel gelernt und die Ausbildung als Zweitbeste im Bezirk Unterfranken abgeschlossen", sagte sie. "Doch mir war auch klar, dass ich diese Tätigkeit nicht ein Leben lang ausüben wollte." Wieder stand sie vor der Frage, wo sie denn das Abitur erwerben könnte, und entschied sich für das Bayernkolleg. "Viele meiner Freunde und Bekannten wussten gar nicht, dass es diese Möglichkeit gibt", so Thekla Selig.
Doch in ihrer Familie genießt das Bayernkolleg einen guten Ruf. Schon ihr Vater hatte nach seinem qualifizierenden Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Maschinenschlosser absolviert, die Mittlere Reife an der Berufsaufbauschule in Haßfurt erworben und das Bayernkolleg in Schweinfurt besucht. Seit seinem Studium der Metalltechnik und Physik arbeitet er als Berufsschullehrer. Ihre Tante wiederum hatte nach der Realschule und der Ausbildung zur Krankenschwester am Bayernkolleg Abitur gemacht und dann Mikrobiologie studiert und promoviert.
"Ich bin schon immer gerne in die Schule gegangen", sagte sie, "und die Lernatmosphäre am Bayernkolleg war toll." Als Ziel für das Abitur hatte sie sich einen Notendurchschnitt von 1,3 gesetzt und als ihre Note bekannt gegeben wurde, weinte sie Tränen des Glücks. "Ich bin begeistert, aber auch traurig, weil die Zeit so schnell vergangen ist." Nun hat sie sich an der Universität in Würzburg für das Biologie- und Physikstudium auf Lehramt an Gymnasien beworben und hofft auf einen Studienplatz.
Das Schulsystem in Bayern findet sie nicht gut. "Es stempelt Kinder zu früh ab", sagte sie und verwies auf ihren eigenen Werdegang von der mittelmäßigen Grundschülerin zur Abiturientin mit einem Notendurchschnitt von 1,3. "Es wäre besser, wenn die Schüler bis zur siebten oder achten Klasse gemeinsam unterrichtet würden und sich dann für eine weiterführende Schule entscheiden könnten." Das derzeitige Schulsystem sei zu kompliziert; außerdem wüssten viele Kinder und Jugendliche nicht, welcher Weg für sie der beste sei. "Ich habe lange gebraucht, um zu wissen, was ich kann und will", erzählte sie.