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Im Wettlauf mit den Extremen


Autor: Berthold Köhler

Thann, Dienstag, 16. Sept. 2014

erntebilanz  Die anfängliche Skepsis von Dirk Eichhorn ist inzwischen einem gelassenen "passt scho" gewichen. Dass die Zahl der heftigen Wetterereignisse in Zukunft größer werden wird, steht für den Thanner Landwirte aber außer Frage.
Das Lager ist voll: Der Thanner Landwirt Dirk Eichhorn ist mit den Ernteerträgen 2014 ganz zufrieden. Foto: Berthold Köhler


von unserem Redaktionsmitglied 
Berthold Köhler

Thann — Vor dem ersten Getreidedreschen im Hochsommer, da war Dirk Eichhorn nicht gerade optimistisch, was die Ernte 2014 anging. Aber jetzt, wo Weizen, Gerste und Raps eingefahren sind, schaut die Sache ein bisschen anders aus. "Es war für uns ein mehr als gutes Getreidejahr", sagt Eichhorn, der auf dem Hof seiner Familie rund 1500 Schweine und 50 Milchkühe stehen hat. Aber nervenaufreibend war es schon ein bisschen, das Jahr 2014.
Aus dem Winter raus kamen die Pflanzen auf den Feldern "nahezu perfekt", erinnert sich Dirk Eichhorn. Einen ersten Knick gab es dann aber schon in im April und Mai - beide Monate fielen extrem trocken aus. Für die Landwirte rund um Neustadt, erzählt Eichhorn, ist so ein Wetter gar nicht gut: "Wir haben zwar nicht ausdrücklich schlechte, aber doch recht leichte Böden." Das sind Böden, die sich schwer tun, das Regenwasser zu speichern.
Über den Sommer (Juli, August) sagt dagegen Eichhorn dann nicht mehr viel - wie da das Wetter war, weiß schließlich jeder. Deshalb waren die Landwirte in der Region auch nicht besonders optimistisch. Was dann letztlich geerntet wurde, ist für Dirk Eichhorn "net schlecht". Beim Weizen hat er im Schnitt 70 Doppelzentner pro Hektar Feldfläche geerntet, das ist schon okay. Freilich, es hätte auch besser ausfallen können, erzählt der Thanner Landwirt: "Auf manchen Feldern in Thüringen haben wir in guten Jahren auch schon 110 Doppelzentner geerntet." Aber was soll man machen, wenn der richtige Sommer einfach mal so ausfällt?
Natürlich ist die Diskussion um den Klimawandel auch bei den Bauern im Coburger Land angekommen. Bei diesem Thema wiegt Dirk Eichhorn ein paar Mal seinen Kopf hin und her. "Es ist schwer, hier eine pauschale Aussage zu treffen", sagt er dann. Dass die Temperatur im Durchschnitt leicht ansteigt, stehe wohl außer Frage. Was Dirk Eichhorn aber eher aufgefallen ist: "Die extremen Wetterausschläge sind mehr geworden." Heuer kam die Region rund um Neustadt zwar fast ungeschoren davon, aber Dirk Eichhorn erinnert sich noch gut ans vergangene Jahr, als ein Hagelschlag nahezu die gesamte Rapsernte vernichtete. Die total verregneten letzten zwei August-Wochen trafen die Landwirtschaft in der Region dagegen nicht mehr so sehr, weil das Getreide relativ früh erntereif war und damit noch vor dem "großen Regen" eingefahren werden konnte.
Ob die Veränderungen beim Klima langfristig dazu führen werden, dass die Landwirtschaft im Coburger Land sich grundlegend neu orientieren muss, glaubt Dirk Eichhorn indes nicht. Die Sojabohne, die Eichhorn "noch als Exot" bezeichnet, könnte vielleicht künftig öfter auf den Feldern auftauchen. Auch der Roggen ist nach Ansicht von Eichhorn "im Kommen" - aber insgesamt glaubt er nicht, dass alteingesessene Pflanzen wie Weizen, Gerste, Raps oder Mais von den heimischen Feldern verschwinden werden.
Obwohl die Familie Eichhorn ihre gesamte Getreideernte an den eigenen Tierbestand verfüttert, muss ein landwirtschaftlicher Betrieb wie der von den Eichhorns immer einen Blick auf die Weltmarkt-Preise werfen - insbesondere auf den beim Raps, den Dirk Eichhorn in nicht kleinen Mengen dazu kaufen muss. Beim Weltmarkt angenommen sind zum Beispiel inzwischen die Schwierigkeiten, die durch die beiderseitige Sanktionen in Russland und der EU aufgetreten sind. "Man spürt, dass der Markt nicht so sehr läuft", erzählt Eichhorn. Mindestens genau so groß wie politische Einflüsse wirken sich aber auch reine Spekulationsgeschäfte auf die Preise für Getreide (und damit auch die Folgeprodukte wie zum Beispiel Mastschweine) aus. Dass dies so ist, dafür hat Dirk Eichhorn nur ein Wort übrig: "Schlimm."

Mit Wissen und Glück

Immerhin hat der Thanner Landwirt in diesem Jahr wenigstens ein bisschen von den Weltmarkt-Schwankungen profitiert. Weil er bereits im Herbst einen dicken Lieferkontrakt für Raps abschloss, treffen ihn die aktuell deutlich höheren Marktpreise nicht. Dirk Eichhorn grinst da natürlich zufrieden und sagt: "Da ist es gut gelaufen." Aber er verhehlt auch nicht, dass langfristige Lieferverträge natürlich genauso schnell nach hinten los gehen können. "Man braucht als Landwirt inzwischen die richtige Mischung aus Wissen und Glück", sagt Dirk Eichhorn.