Druckartikel: Im Lichtenfelser Oberen Tor riecht alles nach frischer Farbe und Holzöl

Im Lichtenfelser Oberen Tor riecht alles nach frischer Farbe und Holzöl


Autor: Sylvia Hubele

Lichtenfels, Montag, 16. März 2020

Stadtbaumeister Gerhard Pülz öffnete die Tür des Oberen Torturmes in Lichtenfels, auch Pfeiferturm genannt. Eine Gruppe der "Igers Franken", Fotobegeisterte, die mit ihren Kameras in Franken unterwegs...
Blick ins Uhrwerk  Fotos: Sylvia Hubele


Stadtbaumeister Gerhard Pülz öffnete die Tür des Oberen Torturmes in Lichtenfels, auch Pfeiferturm genannt. Eine Gruppe der "Igers Franken", Fotobegeisterte, die mit ihren Kameras in Franken unterwegs sind und auf Instagram ihre Fotos veröffentlichen, durften vor einer Weile als erste in den Turm, der mehr als zehn Jahre geschlossen war.

Ursprünglich war er ein Begleitturm des nebenan stehenden Tores, erklärt Pülz. Weil die alte Stadtbefestigung vor 150 Jahren dem modernen Handel und Verkehr im Weg stand, wurde das Tor abgerissen. Nur der Turm blieb stehen.

Noch riecht alles nach frischer Farbe und Holzöl, als die Gruppe den unteren, massiven Teil des über 700 Jahre alten Turmes, betritt, der ursprünglich als Verlies diente. Wer hier seine Strafe bei völliger Dunkelheit absitzen musste, wurde durch die kleine Öffnung in der Decke abgeseilt. Damals gelangte man über den Wehrgang in den Turm. Der obere Teil der Tür ist heute ein kleines Fenster mit gotischem Spitzbogen.

Das Uhrenstockwerk wurde zur Zeit des 30-jährigen Krieges errichtet. Hier ist das alte Uhrwerk in einem Schrank zu sehen. "Wenn wir jemanden finden, der sich mit dieser Uhr auskennt, könnte sie wieder gangbar gemacht werden", sinnierte der Stadtbaumeister. Oben im Turm ist die alte Wohnung des Stadtpfeifers, von dem es ursprünglich zwei gab, die sich abwechselten und jeweils eine Woche hoch oben im Turm wohnten. Sie wachten über der Stadt und hatten den Auftrag, sie vor ihrem gefürchtetsten Feind, dem Feuer, zu beschützen. Ein gemauerter Kessel zeigt, wo sich die ehemalige Küche befand, es gab auch eine Schlaf- und eine Wohnstube, erzählt Gerhard Pülz.

Handelsstraßen führten vorbei

Der Blick aus den oberen Fenstern zeigt, wie strategisch günstig die Lage von Lichtenfels war. Eine Handelsstraße führte durch das Maintal in Richtung Erfurt, die die Strecke Frankfurt-Prag kreuzte. Damals bildete der Main eine echte Barriere, erklärt Pülz, schließlich war der Main hier ein tiefer und reißender Fluss. Ein optimaler Ort für die Überquerung und den Bau von Brücken war nahe Lichtenfels, dort, wo der Main breiter wurde.

In den Zwischengeschossen des Turmes waren in Vitrinen Fossilien aus dem Jura zu sehen. Die Sammlung wurde von Waldemar Backert über Jahrzehnte hinweg zusammengetragen. Nach der Corona-Krise soll das Obere Tor mit Führung oder in kleinen Gruppen begehbar sein, versicherte Gerhard Pölz.