Ihr Verein will Leben verändern

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Sozialarbeiterin Meena betreut für die Organisation Imcares in Mumbai eine Familie, deren Tochter körperlich und geistig behindert ist. Foto: privat
Sozialarbeiterin Meena betreut für die Organisation Imcares in Mumbai eine Familie, deren Tochter körperlich und geistig behindert ist.  Foto: privat
 
 

Vor einem Jahr hat Rebekka Kaminski mit anderen Mitstreitern "Seek & Care" gegründet. Neben Spenden für die Organisation Imcares in Mumbai geht es auch um den persönlichen Kontakt. Demnächst gibt es einen Infoabend in Bamberg.

Die Organisation Imcares hilft auf vielfältige Weise den Menschen in den Slums von Mumbai - durch pädagogische, medizinische und rehabilitative Projekte kümmert sie sich um HIV kranke Personen, treibt die Bildung der Kinder voran oder betreut Familien, die durch Behinderung ihres Kindes großen Herausforderungen ausgesetzt sind. Unterstützt werden die Helfer seit knapp einem Jahr von dem Verein Seek & Care, den Rebekka Kaminski in Bamberg aus der Taufe gehoben hat.

Wie kam es zur Gründung des Vereins Seek & Care?
Rebekka Kaminski: Ich kenne die Organisation Imcares in Mumbai seit 2012. Seitdem bin ich fünf mal nach Indien gereist, um vor Ort Unterstützung zu leisten. Über die Jahre wuchs eine tiefe und vertraute Freundschaft zu dem Leiter Timothy Gaikwad und seiner Frau Sonali. Ich schätze deren Arbeit unter den Ärmsten, Benachteiligten und Ignorierten ihrer Mitbürger sehr. Sie begegnen ihnen mit Liebe, Geduld und Verständnis. Jeder wird in seiner individuellen Situation an die Hand genommen, aufgerichtet und zu selbstständigem Handeln angeregt.
Durch jeden Besuch wurde mein Wunsch gestärkt, für Imcares mehr zu bewegen. So entstand Anfang 2015 die Idee, einen Verein zu gründen, der die finanzielle Hilfe und aktive Unterstützung vor Ort zum Ziel hat. Schnell fand ich engagierte Mitstreiter, die mein Herzensanliegen mitgestalten wollten. So konnten wir am 23. Oktober 2015 den Grundstein für Seek and Care e. V. legen. Unser Verein umfasst heute 15 Mitglieder. Diese kommen vor allem aus der Region Bamberg, aber auch aus Thüringen und Baden-Württemberg.

Wo liegt die Hauptaufgabe des Vereins - sammeln von Spenden oder aktive Arbeit vor Ort?
Unser Slogan lautet "Menschen begegnen - Leben verändern". Begegnung schafft Erfahrung. Erfahrung schafft Bewusstsein. Bewusstsein schafft Veränderung. Unsere Unterstützung steht dabei auf zwei Säulen - persönliche Beziehung und finanzielle Stabilität. Ohne den persönlichen Kontakt können keine gemeinsamen Ziele auf vertrauensvoller Basis getroffen werden. Und ohne finanzielle Unterstützung ist die Realisierung vieler Ziele nicht möglich.
Von Kurzeinsätzen bis hin zu längeren Aufenthalten oder Freiwilligendiensten leisten wir einen aktiven Beitrag für Imcares. Die gesamte Arbeit von Imcares basiert auf Spenden. Wir wollen langfristige finanzielle Stabilität ermöglichen - sowohl für Personalausgaben als auch für die Realisierung laufender und neuer Projekte. Regelmäßiger Austausch macht es möglich, den Einsatz und Bedarf der finanziellen Mittel langfristig und effektiv planen zu können.

Können Sie beschreiben, was es für Menschen bedeutet, im Slum in Mumbai zu leben?
In einem Slum zu leben, bedeutet zuerst einmal ein Dach über dem Kopf zu haben. Die Menschen zahlen Miete für ihre Wellblechhütten. Ganze Familien wohnen auf maximal zehn Quadratmetern zusammen. Die Wohnung besteht aus einem Raum mit einer kleinen Kochecke bzw. Feuerstelle und einer Waschecke, von der aus ein Loch in der Wand den Abfluss regelt. Dieser mündet in die engen, dunklen Gassen zwischen den Hütten. Es herrscht ein reges Treiben in den Slums. Die meisten gehen einem Tagelöhnerjob nach. Dadurch ist ihre finanzielle Situation stets ungewiss. Viele Kinder besuchen mittlerweile die staatlichen Schulen, bekommen aber daheim kaum Unterstützung. Die Eltern sind meist Analphabeten. Noch dazu gibt es im Slum kaum Ruhe zum Lernen, und der Strom fällt oft aus. Das ist problematisch, weil es bereits um 18 Uhr dunkel ist. Behinderte und Kleinkinder sind oft den ganzen Tag sich selbst überlassen, da die Eltern auf ihre Arbeit angewiesen sind. Die Kinder verbleiben ungeschützt in den frei zugänglichen Zimmern - ohne Schutz vor Gewalt oder Missbrauch.

Wie viel Zeit stecken Sie in die Arbeit und was gibt ihnen dieses Engagement persönlich?
Als ich Imcares kennengelernt habe, war ich schlichtweg begeistert und beeindruckt, was diese Menschen für ihre Mitbürger leisten. Es ist immer wieder bereichernd für beide Seiten, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Irgendetwas hinterlässt bei mir immer einen inneren Fußabdruck und beeinflusst meine Lebensweise. Ich liebe es, Brücken zwischen Menschen zu bauen. Deshalb freue ich mich über jede Begegnung und jeden, der sich über seinen Tellerrand hinausstreckt. Es ist mein Herzenswunsch Menschen, unabhängig ihres Alters, wachsen zu sehen. Ich unterstütze Imcares aus Überzeugung, dass etwas Gutes daraus wächst - weil ich es gesehen habe und immer wieder erleben kann. Deshalb achte ich kaum darauf, wie viel Zeit ich tatsächlich investiere. Es schwankt sehr, je nach dem, was aktuell auf dem Plan steht. Ich versuche pro Woche zehn Stunden für den Verein frei zu halten, mal wird es mehr und mal weniger. Es gibt immer irgendetwas zu organisieren.
Die Fragen stellte
Michael Memmel