"Ich mach' mich nicht so wichtig"
Autor: Udo Schilling
Bamberg, Dienstag, 03. Dezember 2019
Mit Stefan Weissenböck verfügt der Bundesligist Brose Bamberg über einen international begehrten Individualtrainer. Was den 46-jährigen Österreicher ausmacht, warum er in Bamberg bleibt und nicht zu einem NBA-Klub wechselt, sagt der Skills-Coach im Gespräch.
S tefan Weissenböck steht selten im Rampenlicht. In der vergangenen Saison schlüpfte er bei Brose Bamberg einmal in die Headcoach-Rolle, als Federico Perego für ein Spiel gesperrt war. Ansonsten sorgt er beim Basketball-Bundesligisten als Chef für Spielerentwicklung dafür, dass sich die Spieler individuell verbessern - egal ob jung oder alt. Im Sommer kommen Profis verschiedener Nationen zu seinen Skills-Camps oder der 46-jährige Österreicher fliegt nach New York, um mit den NBA-Profis der Brooklyn Nets zu arbeiten. Für den tschechischen Basketball-Verband ist er ebenfalls aktiv und bildet dort Jugendliche und Trainer aus. Wir sprachen mit Weissenböck über seinen Job, der ihn schon weit gebracht hat. In den USA wird Ihr Job als Shooting-Doctor bezeichnet. Gefällt Ihnen der Begriff, Dr. Weissenböck - der Trainer, dem die Spieler vertrauen?
Stefan Weissenböck: Nein, der Begriff gefällt mir nicht. Skills-Coach oder Development-Coach, vielleicht noch Shooting-Coach, doch den Begriff Doctor mag ich nicht. Es gibt Trainer, die sich so bezeichnen.
Wie kamen Sie zu der Rolle als Shooting-Coach?
Für das Technische und Individuelle habe ich mich schon immer interessiert. Schon in Nürnberg, als ich durch mein schnelles gesundheitliches Aus als Spieler ins Coachen reingerutscht bin, hat mir das immer am meisten Spaß gemacht, Leuten etwas beizubringen, vor allem von der technischen Seite. Das hat sich so entwickelt, das war nicht meine Idee. Das ist so passiert und wurde zu meiner Leidenschaft. Wolfgang Heyder hat mich dann - noch unter Trainer Dirk Bauermann - nach Bamberg geholt. Ich habe die Gruppe der Top-Talente übernommen und diese hauptverantwortlich betreut. Da waren schon ein paar gute Jungs dabei. Manche rennen immer noch in der Bundesliga herum. Als Nürnberg die Kooperation aufgekündigt hat, wurde ich von Chris Fleming ganz für Bamberg beansprucht. Sie haben die Trainerlizenz A im DBB und bei der Fiba das Trainerzertifikat erworben. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, selbst als Headcoach zu arbeiten? Spieler aus- und einwechseln - den Gameplan bestimmen und mit Schiris diskutieren?
Das mit dem Fiba-Europe-Coaching-Certificate wurde 2007 von der Fiba ins Leben gerufen. In dieses dreijährige Ausbildungsprogramm bin ich so reingerutscht, das hat genau gepasst, da es auf Spielerausbildung ausgerichtet war. Das Pech, das ich als Spieler gesundheitlich hatte, hat sich als Trainer umgedreht. Das NBBL-Team in Nürnberg zu coachen, hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich bin nicht abgeneigt, als Headcoach zu arbeiten, glaube auch, dass ich das gut kann, doch das individuelle Coachen - glaube ich - kann ich noch besser. Meine Leidenschaft dafür ist einfach größer. Das hat mich immerhin bis in die NBA geführt.
Sie arbeiten mit NBA-Spielern wie dem Tschechen Tomas Satoransky, dem Österreicher Jakob Pöltl, Daniel Theis, mit Nationalspielern wie Karsten Tadda, Andreas Obst an deren Wurf. Man sollte meinen, dass Spieler auf einem solchen Niveau werfen können. Was verbessern Sie bei Ihnen?
Jeder ist anders. Ganz grob gesagt, der eine hat Probleme mit der Hand am Ball, der andere ist etwas instabil von den Füßen aus. Jeder hat ein anderes Konstrukt, wie er als Mensch gebaut ist. Ist er lang und dünn oder kurz und stark? Wie generiert er seine Energie? Mehr aus dem Arm oder aus den Beinen? Das muss man einmal verstehen. Da habe ich mir über die Jahre von vielen anderen Trainern viel abgeschaut. Ich behaupte nicht, ich weiß, wie's geht und ich bin der Gescheiteste. Ich eigne mir immer wieder neue Sachen an. Man kann vom Allerältesten und vom Allerjüngsten noch etwas lernen. Das Spiel verändert sich, die Spieler verändern sich und ich muss mich auch verändern.