"Ich habe nur ein kleines Auto und wenn die Familien einkaufen, wird das manchmal eng"
Autor: Heike Schülein
Kehlbach, Donnerstag, 15. Dezember 2016
Der Tisch ist liebevoll gedeckt. Apfelkuchen steht bereit, Kaffee und Tee. Es klingelt an der Haustüre. Mit einem Schlag ist es mit der Ruhe vorbei. Die bei...
Der Tisch ist liebevoll gedeckt. Apfelkuchen steht bereit, Kaffee und Tee. Es klingelt an der Haustüre. Mit einem Schlag ist es mit der Ruhe vorbei. Die beiden Familien Jamshidi sind an diesem späten Dienstagnachmittag bei Margit Schneider in Kehlbach zu Besuch. Die eine Familie hat fünf Kinder - zwei Mädchen und drei Jungs im Alter von einem, vier, sieben, neun und elf Jahren, die andere Familie zwei Jungs im Alter von vier und sieben Jahren. Ihr drittes Kind ist bereits unterwegs. Die Begrüßung fällt herzlich aus: Händeschütteln, Umarmungen - die Kinder werden liebkost. "Wie geht es, alles in Ordnung?", fragt Margit Schneider die Schwangere. "Alles in Ordnung!"
"Das ist immer so, wenn wir alle beisammen sind. Da herrscht Leben", lacht Schneider, die der ganze Trubel nicht im Geringsten aus der Ruhe bringt. Während sich einige der jüngeren Kinder in das Zimmer nebenan zum Spielen zurückziehen, nehmen die Erwachsenen und die etwas größeren Kinder am Tisch Platz und lassen sich den Kuchen schmecken. Dabei werden Neuigkeiten ausgetauscht und besprochen, was als Nächstes anliegt - und das ist jede Menge. Ebenfalls zu Besuch ist Angelika Mücke sowie der Flüchtlingsbeauftragte der Gemeinde Steinbach am Wald, Klaus Neubauer. Seit rund einem Jahr kümmern sich die beiden Frauen als ehrenamtliche Helferinnen um die in Steinbach untergebrachten Flüchtlingsfamilien.
An zwei Abenden Deutschunterricht
Mücke gibt an zwei Abenden in der Woche in der ehemaligen Flurbachschänke in Steinbach am Wald Deutschunterricht. Schneider begleitet die "Kehlbacher Flüchtlinge" insbesondere bei Arztbesuchen sowie Einkaufsfahrten, was gar nicht so einfach ist. "Ich habe nur ein kleines Auto und wenn die Familien einkaufen, wird das manchmal ganz schön eng", schmunzelt die Kehlbacherin."Wir haben derzeit 34 Flüchtlinge in der Gemeinde Steinbach am Wald", erzählt Neubauer. Während sich um die Familien in Kehlbach Margit Schneider kümmert, wird die fünfköpfige irakische Familie in Buchbach intensiv von der Vermieterin Heike Büttner betreut. Nachdem Steinbach infrastrukturell begünstigt sei, seien für die in der ehemaligen Flurbachschänke untergebrachten Flüchtlinge "Fahrdienste" nicht so oft wie in Buchbach oder Kehlbach notwendig. "Termine mit Ärzten und Behörden werden von mir und Angelika Mücke organisiert. Das klappt sehr gut", freut sich der Flüchtlingsbeauftragte. Mit drei Frauen, die den Flüchtlingen Deutschunterricht geben - neben Mücke sind dies noch Birgit Mildenberger und Steffi Wicklein - sei man auch in diesem für die Integration so wichtigen Bereich hervorragend aufgestellt.
Mücke erteilte erstmals im November 2015 Deutschunterricht. Zu ihrer Funktion als Sprachpatin kam sie nicht gezielt. "Nach Eintritt in meinen Ruhestand wollte ich mich ehrenamtlich engagieren und habe deshalb bei der Diakonie nachgefragt, was es hier für Möglichkeiten gibt. Man sagte mir dann, dass Sprachpatinnen dringend gebraucht würden", erinnert sich die Steinbacherin, die vor ihrem Ruhestand als Reiseverkehrsfrau arbeitete. Deutsch sei ganz anders als die Heimatsprache der Flüchtlinge, Farsi beziehungsweise Dari, wobei es sich um ein und dieselbe persische Sprache mit nur kleinen Abweichungen handelt. Diese unterscheide sich sehr vom Deutschen. Die Inhalte der "offiziellen" Deutschlernhefte erachtet die Steinbacherin für die aktuelle Lebenslage der Asylbewerber als vollkommen unangemessen. Daher gestaltet sie den Unterricht weitgehend selbst, wobei sie sich beispielsweise Anregungen aus dem Internet holt. "Die Kinder lernen schnell", freut sie sich.