Hommage an einen fast vergessenen Helden
Autor: Klaus Werner
Bad Kissingen, Sonntag, 16. Februar 2020
Mit berührenden Berichten von Zeitzeugen und beeindruckenden Recherche-Ergebnissen überzeugte das Trio Dirk Kämper, Winfried Laasch und Stefan Mausbach bei seinem Vortrag im Rahmen der jüdischen Kultu...
Mit berührenden Berichten von Zeitzeugen und beeindruckenden Recherche-Ergebnissen überzeugte das Trio Dirk Kämper, Winfried Laasch und Stefan Mausbach bei seinem Vortrag im Rahmen der jüdischen Kulturtage. Im Mittelpunkt stand Fredy Hirsch, der im "Dritten Reich" Hunderte von Kindern rettete und "in einem Atemzug mit Oskar Schindler genannt werden muss", so Hans-Jürgen Beck in seinen einführenden Worten.
Unerschrockener Humanist, charismatischer Erzieher, begeisterter Sportler, kluger Verhandlungsführer - das waren Attribute, die Beck anfangs für den überzeugten Zionisten Fredy Hirsch wählte und damit die leider nur 20 Gäste im Sitzungssaal des Landratsamtes begrüßte.
Dass man mittlerweile mehr über diesen "vergessenen Helden" weiß, sei Dirk Kämper zu verdanken. In Zusammenarbeit mit Winfried Laasch und Stefan Mausbach entstand die ZDF-History-Dokumentation "Ein deutscher Held", und diese war die Grundlage für sein 2015 erschienenes Buch "Fredy Hirsch und die Kinder des Holocaust"; darin setzte man sich intensiv mit dieser beeindruckenden Persönlichkeit auseinander. Aus dieser Zusammenarbeit entstand die Vortragsreihe mit Lesung, historischen Filmausschnitten und Zeitzeugen-Berichten.
Dirk Kämper ist in Bad Kissingen kein Unbekannter, war er doch mit einem Vortrag über Kurt Landauer als langjährigen Präsidenten des FC Bayern bei den letzten Jüdischen Kulturtagen vertreten. Der Fußball sei das verbindende Element zwischen Landauer und Hirsch gewesen, meinte Kämper, denn auf Fredy Hirsch sei er durch die Ultras von Alemannia Aachen hingewiesen worden.
Im Wechsel erzählten die Drei die Lebensgeschichte des Protagonisten, der 1916 in Aachen geboren wurde, dessen Vater frühzeitig verstarb, dessen Familie zerbrach und der Halt im Sport und der jüdischen Pfadfinder-Bewegung fand.
Dabei beleuchtete das Trio die Hintergründe der sportlichen Bewegung nach dem 1. Weltkrieg, der gerade in der jüdischen Gemeinde als Möglichkeit der Integration in die deutsche Gesellschaft angesehen wurde. Im Turnen "als deutscheste aller Sportarten" sahen die deutschen Juden eine Chance, den rassistischen Anfeindungen durch einen "jüdischen Körperkult" entgegen zu treten. Bilddokumente belegten die Sportlichkeit des Fredy Hirsch, waren aber auch Beleg für die Annahme, dass er damit Neid und Abneigung auf sich zog.
Die familiären Zerwürfnisse - aber auch die Erkenntnis der eigenen Homosexualität - führten zum Ausbruch aus der Aachener Klammer und zu einer "Odyssee durch Deutschland". Aus dem wütenden Jungen wurde ein 17-Jähriger, der in Frankfurt Vorträge hielt, zionistische Ziele über die körperliche Ertüchtigung in Sportverein und Pfadfinder-Bewegung verfolgte, aber als Homosexueller auch Schikanen ausgesetzt war.