Auch als Heimkehrer gegängelt
Autor: Redaktion
Mühlhausen, Freitag, 15. August 2025
Geschichte Vor 80 Jahren wurde der letzte Mühlhausener Jude aus dem Konzentrationslager entlassen. Doch auch der Neuanfang war von Schikanen bestimmt.
Otto Pröls hat ein historisches Dokument dem Verein Forum Alte Synagoge Mühlhausen übergeben, der es in sein Archiv übernommen hat. Es handelt sich um den Entlassungsschein von Albert Schloß aus dem Konzentrationslager Theresienstadt, der auf den 15. August 1945 datiert ist.
Albert Schloß (geb. 1878 in Ermreuth) heiratete am 22. Juni 1907 Emma Löwenthal und zog zu seiner Frau in ihren Heimatort Mühlhausen . Die Eheleute betrieben dort gemeinsam einen Tabakhandel in der Hauptstraße 15. Seit 1924 war Schloß Mitglied des Vorstands der Jüdischen Kultusgemeinde.
Nachdem im Zuge der Novemberpogrome 1938 auch in Mühlhausen die jüdischen Geschäfte und Wohnungen verwüstet worden waren, konnten sich die verbliebenen 33 jüdischen Mühlhausener in ihrem Heimatort nicht mehr sicher fühlen.
Albert und Emma Schloß zogen daraus die Konsequenzen und zogen am 20. Juni 1939 in die Anonymität der Großstadt nach Frankfurt. Möglicherweise hatten sie dort Verwandte, bei denen sie unterkommen konnten. In ihrer Wohnung im Sandweg 79 durften sie aber nicht bleiben und wurden schließlich in ein sogenanntes „Judenhaus“ in der Elkenbachstraße 16/I eingewiesen.
Von dort aus wurde das Paar in die Frankfurter Großmarkthalle getrieben, die zur ungestörten Abwicklung der Deportationen umfunktioniert worden war. Am 1. September 1942 erfolgte mit dem Transport XII/2 und den Transportnummern 497 und 498 die Verschleppung nach dem Ghetto Theresienstadt. Die Fahrt in Viehwaggons zusammen mit 1110 weiteren Deportierten dauerte einen ganzen Tag.
Die Eheleute Schloß wurden in das Gebäude Q603 eingewiesen und lebten, Männer und Frauen getrennt, in drangvoller Überbelegung, er in Zimmer Nr. 2 und sie in Nr. 4.
Am 21. Januar 1943 verlor Albert Schloß seine Ehefrau durch „Gangrasia senilis (Altersbrand)“, wie es in der noch erhaltenen Todesfallanzeige aus Theresienstadt heißt. Solche Diagnosen wurden ohne konkrete Untersuchung erfunden, um den Anschein einer ordentlichen medizinischen Versorgung zu erwecken. Noch zwei weitere Jahre vegetierte Herr Schloß unter schwer vorstellbaren Umständen weiter, bis am 8. Mai 1945 sowjetische Truppen das Lager befreiten.