Druckartikel: Hochschule Coburg startet ein Projekt zur Erfassung des Brückenzustands

Hochschule Coburg startet ein Projekt zur Erfassung des Brückenzustands


Autor: red

Lichtenfels, Donnerstag, 30. Oktober 2014

von unserem Redaktionsmitglied Simone Bastian Coburg/Lichtenfels — Bislang gibt es nur Hochrechnungen: Rund 12 000 Brücken in Bayern müssen die Kommunen instand halten. Die Hochsch...


von unserem Redaktionsmitglied Simone Bastian

Coburg/Lichtenfels — Bislang gibt es nur Hochrechnungen: Rund 12 000 Brücken in Bayern müssen die Kommunen instand halten. Die Hochschule Coburg und die bayerische Bauwirtschaft starten deshalb gemeinsame Projekte.
Das Problem sind nicht die großen Autobahn- oder Bahnbrücken. Auch die kleinen Wasserdurchlässe bei Bundesstraßen, kaum als Brücken zu erkennen, machen den Experten keine Sorgen. Es sind die vielen Brücken an Gemeinde-, Ortsverbindungs- und Kreisstraßen, die für die Landkreise und Kommunen ein gewaltiges Problem darstellen könnten.
Eins, das vor sich hergeschoben werde, meint Martin Schneider, Geschäftsführer für Nordbayern im Bayerischen Bauindustrieverband. Denn: "Über die meisten Brücken weiß man ja gar nichts", sagt Egbert Keßler, Professor für Bauingenieurwesen an der Hochschule Coburg.
Hinweise gibt bislang die Statistik: Rund 40 Prozent aller Brücken in der Bundesrepublik Deutschland seien zwischen 1960 und 1980 errichtet worden, hätten mithin also ein Alter erreicht, in dem Handlungsbedarf bestehe, sagt Keßler.

Lichtenfelser Brücken im Blick

Zwei seiner Studenten werden in diesem Semester gezielt kommunale Brücken untersuchen. Sie werden sie erfassen, kartieren und zumindest oberflächlich auf ihren Zustand überprüfen. Untersuchungsgebiete sind die Stadt Lichtenfels und der Landkreis Bayreuth.
Finanziert wird die Datenerhebung von der Stiftung des bayerischen Baugewerbes, einer Einrichtung der Tarifparteien in der Bauwirtschaft; die beiden Studenten werden die Daten für ihre Bachelorarbeiten verwenden. Und dann? "Ziel ist, bei den Politikern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Handlungsbedarf besteht", sagt Keßler.
Der Hauptgeschäftsführer des Bauwirtschafts-Verbands, Thomas Schmid, findet noch größere Worte: "Es geht um den Erhalt von Volksvermögen." Dafür ist aber vielerorts kein Geld da - und vom Staat gibt's auch keins, sagt Egbert Keßler: Das Gemeindeverkehrswegefinanzierungsgesetz sieht nur Zuschüsse für Neubauten vor. Für Sanierungen gibt es lediglich die allgemeinen Zuschüsse aus den Kfz-Steuermitteln - und gerade bei Brücken kann eine Sanierung sehr schnell sehr teuer werden.
Das bestätigt Jürgen Alt vom Tiefbauamt des Landkreises Coburg. Die steigende Verkehrsbelastung, die immer größeren Laster - das alles setze den Straßenbauwerken zu. Er will dem Bauausschuss des Kreises demnächst eine Aufstellung vorlegen, was wo erforderlich ist. Denn im Landkreis, versichert Alt, werden die Brücken überwacht, so wie es die DIN 1076 vorsieht: alle sechs Jahre eine Hauptuntersuchung, alle drei Jahre eine Zwischen- und jährlich eine Sichtprüfung.
Gemeinden, die nicht über eigenes Fachpersonal verfügen, müssen diese Brückenprüfungen an Ingenieurbüros vergeben. Auch das kostet Geld. Viele Gemeinden wären vermutlich schon froh, wenn sie nicht auch schon die Untersuchung ihrer Brücken finanzieren müssten - doch ob aus dem Pilotprojekt mehr wird, darüber will sich am Dienstagabend in der Hochschule keiner äußern.

Brücken mit Messfühlern

Michael Pötzl, Präsident der Hochschule und selbst Brückenbau-Ingenieur, skizziert ganz andere Zukunftsvisionen: Brücken könnten doch direkt Auskunft über ihren Bauzustand geben, so wie Sensoren heute schon in Neuwagen den Reifenabrieb messen oder ein Kaffeeautomat meldet, dass der Wasserbehälter fast leer ist. "Unsere Brücken sind blöd", sagt Pötzl. Sie intelligenter zu machen ist die Idee, die die Hochschule mit der Bauwirtschaft, dem Coburger Institut für Sensor- und Aktortechnik (Isat) und weiteren Partnern angehen möchte.

Optische Vorwarnung möglich

In die Brücken könnten lichtleitende Fasern verbaut werden, die auf Dehnung oder Alterserscheinungen reagieren und entsprechende Impulse senden. Die Daten könnten auf eine entsprechende Handy-App übertragen werden. Pötzl: "Das ist der Traum, den wir träumen."
Die nächste Stufe: Brücken, die sich der jeweiligen Belastung durch Verkehr oder Witterung anpassen können dank Messtechnik und entsprechender Baustoffe.