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Hier fühlen sich alle wie zuhause


Autor: Sabine Memmel

Höchstadt a. d. Aisch, Dienstag, 16. Februar 2016

Bei ihnen ist immer ein Kommen und Gehen. Über die Online-Plattform "Airbnb" bieten Jutta und Edgar Taube aus Höchstadt ihr Maisonette-Apartment für Gäste aus aller Welt an. Dem Hotel- und Gaststättenverband fehlt eine Kontrolle.


Sabine Memmel

Es ist die Liebe zum Detail, die in der Ferienwohnung von Jutta Appelt-Taube und Edgar Taube sofort zu spüren ist. Eine Flasche Wein auf dem Esstisch, die Fensterbänke voller Pflanzen, bunte Kissen, die farblich genau aufeinander abgestimmt sind. Fest vermieten über einen längeren Zeitraum wollte das Ehepaar die Wohnung allerdings nicht. "Das wäre mir zu langweilig geworden", gesteht Jutta Appelt-Taube (60).
Viel lieber ist den beiden ein ständiges Kommen und Gehen von Gästen. Im November 2013 meldeten sie ihr knapp 80 Quadratmeter großes Maisonette-Apartment in ihrem Haus in der Koslinger Straße in Höchstadt deshalb bei "Airbnb" an, eine Online-Plattform zur Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften. Auf die Idee brachte sie eine Nachbarin. "Schon ab Dezember ging es rund", erinnert sich Jutta Appelt-Taube an den Ansturm von Buchungen.
Die Wohnung ist seitdem fast immer vermietet. Anfangs war das Paar selbst überrascht, wie groß das Interesse an einer Unterkunft in Höchstadt ist. "Viele wollen sich die Umgebung drum herum ansehen: Nürnberg, Würzburg, Rothenburg und so weiter. Wegen der schönen Wohnung wird die längere Anfahrt in Kauf genommen", erklärt Edgar Taube (64).


Freundschaften entwickelt

Gäste kommen aus der ganzen Welt. Australier, Kanadier, Holländer, Polen - bei vielen bleibt es nicht bei einem Besuch. "Inzwischen müssen wir genauso viele Anfragen ablehnen wie annehmen. Wir könnten ausziehen und noch eine Wohnung vermieten", schmunzelt Jutta Appelt-Taube.
Schlechte Erfahrungen haben sie bisher noch keine gemacht. Ganz im Gegenteil. Oft sitzen sie mit Gästen zusammen im großen Garten oder gehen gemeinsam auf einen Bierkeller. Zu vielen hat sich mittlerweile ein richtig freundschaftliches Verhältnis entwickelt. "Wir haben nur nette Leute kennen gelernt. Das freut uns menschlich sehr", schwärmt Jutta Appelt-Taube.
Und ihre Gäste kommen nicht nur zum Urlaubmachen. Auch diejenigen, die sich beruflich in Höchstadt oder in der Umgebung aufhalten, dürfen die Ferienwohnung "koslingerzehn" mieten. Zu Gast war beispielsweise ein Projektleiter des neuen Einkaufszentrums in Höchstadt-Süd oder auch ein Unternehmensberater bei Adidas in Herzogenaurach. "Es macht uns wirklich wahnsinnig Spaß", sagt Jutta Appelt-Taube.
In der Wohnung ihres Elternhauses, die sich über das Obergeschoss und den Spitzboden erstreckt, hat zunächst das Ehepaar selbst gewohnt. Inzwischen leben sie im Erdgeschoss. Die Ferienunterkunft hat über einen großen Balkon einen separaten Eingang.
Das Ehepaar ist beim Finanzamt Erlangen mit Steuernummer erfasst und versteuert jede Einnahme durch Airbnb und anderweitige Vermietung ordnungsgemäß. "Auf die Steuerpflicht wird auch jeder Vermieter bei der Überweisung von airbnb hingewiesen", sagen die beiden.
So viele Menschen sie von überall her bei sich empfangen, so wenig packt sie selbst die Reiselust. Sie bleiben lieber zuhause: "Die Welt kommt zu uns", freut sich Edgar Taube.
Auch viele weitere Privatpersonen aus dem Landkreis nutzen Airbnb, um privat ein Zimmer oder eine Wohnung in ihrem Zuhause zu vermieten. Auch in Vestenbergsgreuth, Oberreichenbach und Herzogenaurach können privat Unterkünfte gebucht werden. Ganz zu schweigen von Erlangen und Bamberg, wo zahlreiche Angebote zu finden sind.
Doch wie kommen diese privaten Dienstleistungen in der Hotel- und Gaststättenbranche an? Sehen sie Airbnb als Bedrohung? Als Geschäftsführer vom Landhotel Drei Kronen in Adelsdorf hat Christian Pöllmann Airbnb bisher noch nicht als Konkurrenz empfunden. "Ich habe kein Problem mit Airbnb, wenn dieselben Vorschriften gelten wie für uns, was die Hygiene, die Sicherheit und vor allem die Steuern betrifft", sagt Pöllmann als stellvertretender Vorsitzender des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands im Landkreis.


Gleiche Bedingungen

Über kurz oder lang könnte eine Plattform wie Airbnb Pöllmann zufolge Arbeitsplätze gefährden. Für ihn müssen die gleichen Bedingungen herrschen, um einen fairen Wettbewerb gewährleisten zu können. "Eine Kontrolle bei diesen privaten Geschichten fehlt bisher komplett. Wer zum Finanzamt geht und seine Unterkunft anmeldet oder es nicht tut, wird nicht wirklich kontrolliert", so Pöllmann.
Airbnb steht immer wieder in der Kritik, dass viele der auf ihrer Seite angemeldeten Vermieter keine Steuern auf Einnahmen zahlen. In diesem Zusammenhang will das Unternehmen laut Pressesprecher Julian Trautwein den Dialog mit politischen Entscheidungsträgern suchen. Als Konkurrenz zu lokalen Hotels oder Pensionen sehen sie sich nicht: "Beide Konzepte sprechen unterschiedliche Zielgruppen an. Reisende schätzen den persönlichen Kontakt zu ihrem Gastgeber. Eine Familie freut sich, dass sie in einer Wohnung Platz zum Spielen hat und für den Notfall gleich eine Waschmaschine zur Hand ist", erklärt er auf schriftliche Anfrage.