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Heute, Kinder, wird's was geben


Autor: Klaus Klaschka

Unterzaubach, Sonntag, 05. Dezember 2021

Tradition  Seit 45 Jahren schlüpft Heinrich Witzgall in die Rolle des Nikolaus und beschert die Kinder. Dabei hat er schon viel Lustiges erlebt.
Roter Mantel, weißer Bart - so besucht Heinrich Witzgall heute wieder viele Kinder.


Im vergangenen Jahr durfte der Nikolaus wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen nicht von Haus zu Haus ziehen, dieses Jahr darf Heinrich Witzgall wieder die Kinder besuchen. Den Nikolaus zu verkörpern, das ist für ihn seit 45 Jahren eine Leidenschaft, ebenso wie die Imkerei. Als 13-Jähriger hat er damit angefangen, als im Stadtsteinacher Ortsteil niemand mehr für diese Rolle zu finden war. "Ich war schon größer als die Kinder, die ich besuchen sollte, und so hat es auch funktioniert, den Vier- bis Zehnjährigen die Leviten zu lesen." Freilich wüssten die Kinder meist, dass der Nikolaus nicht echt ist, erzählt Witzgall. "Trotzdem ist es fantastisch - für beide Seiten. Da stellt sich schlagartig eine ganz andere Atmosphäre ein", sagt er.

"Es kommt gelegentlich schon vor, dass ein Kind deutlich sagt, dass es den Nikolaus doch gar nicht gibt. Dann erkläre ihm, dass der Nikolaus am 6. Dezember so viel zu tun hat, dass er gar nicht alles selbst machen kann. Deshalb schickt er Helfer, die sich so zurechtmachen wie er und ihm Arbeit abnehmen. Mit dieser Erklärung gibt sich das Kind dann auch zufrieden."

Kinder zu maßregeln ist nicht seine Art, sagt Nikolaus Witzgall. "Mit den Eltern ist vorher das eine und andere abgesprochen, das gesagt werden muss. Das spreche ich dann an."

Was Kinder ausplaudern

Manchmal verläuft sein Besuch sogar ganz anders herum: "Die Kinder sagen dem Nikolaus, dass der Vater trinkt, oder dass die Eltern so oft streiten" grinst Witzgall. "Den Eltern ist das dann recht peinlich. Solche Familiensachen unterliegen natürlich dem Dienstgeheimnis."

Apropos betrunken: "Da haben sich die Zeiten geändert" erzählt Witzgall. "Früher hieß es meist: ,na Nikolaus, a Schnäpsla geht doch‘. Nach zehn Hausbesuchen war die Sache dann allerdings kritisch." Wenn Witzgall jetzt mit dem Auto auch in den Nachbardörfern unterwegs ist, geht so etwas selbstverständlich nicht mehr.

Früher machten die Schnäpsla den Nikolaus hungrig, sodass er zum Abschluss seiner Runde durchs Dorf schließlich in der Gaststätte "Frankenwald" einkehrte und seine Gedichte auch dort aufsagte. Dass danach für ihn ein kostenloses Abendessen heraussprang, war ein weiterer Vorteil des Nikolaus-Daseins. "Vor einem halben Jahrhundert war es schon etwas Besonderes, in ein Restaurant eingeladen zu werden; und als Lehrling hatte man sowieso kein Geld."

Sein erstes Nikolaus-Kostüm hat sich Heinrich Witzgall damals selbst zusammengenäht. Mittlerweile hat er ein besonders schönes, das aussieht wie ein richtiger roter Pelz. Einen besonders großen Sack hat er sich auch anfertigen lassen: "Es war schon einmal notwendig, dass ich ein besonders renitentes Kind da hineinstecken musste." Mittlerweile wird Witzgall bereits zum Nachwuchs dieses Kindes bestellt. Auf diesen Hausbesuch freut sich der Unterzaubacher heute besonders.