Helfer ziehen trotz etlicher ernüchternder Erfahrungen positive Bilanz
Autor: Ralf Ruppert
Euerdorf, Mittwoch, 22. Februar 2017
Warum helfen Einheimische Flüchtlingen? "Ich habe selbst drei Jahre in Japan gelebt und weiß, wie es ist, wenn man die Sprache in einem Land nicht spricht",...
Warum helfen Einheimische Flüchtlingen? "Ich habe selbst drei Jahre in Japan gelebt und weiß, wie es ist, wenn man die Sprache in einem Land nicht spricht", erzählt Sabine Grünberg, die sich seit zweieinhalb Jahren in Euerdorf einsetzt (siehe Titelseite). Obwohl die gelernte Physiotherapeutin damals in einer privilegierten Situation im Ausland lebte, erinnert sie sich noch heute dankbar an die Hilfe, die sie erfahren hat. Einen Teil davon wollte die 61-Jährige nun zurückgeben.
Zudem kennt Sabine Grünberg das Thema Flucht aus der eigenen Familie: Ihre Eltern stammen aus dem Sudetenland - wie auch die Eltern von Waltraud Schnabel. "Die Menschen sind wirklich hilfsbedürftig", nennt die 70-Jährige als Ausgangspunkt ihrer Hilfsbereitschaft. Wie viele aus dem Euerdorfer Helferkreis ist die gelernte Medizinisch-technische Assistentin im Ruhestand.
Fahrten meist auf eigene Kosten
"Sonst hätten wir das nicht machen können", sind sich alle einig. Sogar die Ehemänner hätten oft bei Fahrdiensten oder Terminen mithelfen müssen: Bis nach Nürnberg brachten sie die Asylbewerber, viele Fahrten gingen nach Schweinfurt und Würzburg, fast immer auf eigene Kosten. Sogar einen Blechschaden hatte Waltraud Schnabel einmal - und blieb auf den Kosten sitzen, weil keine Ehrenamtsversicherung griff. "Die Behörden haben uns bei vielem ein Stück weit im Stich gelassen", bemängelt auch Sabine Grünberg. Zwar gab es nach und nach immer mehr Betreuungsangebote, aber: "Wenn die Probleme gerade da waren, war halt doch keiner da", sagt Waltraud Schnabel. Sehr gute Erfahrungen haben die Helfer mit der Euerdorfer Grundschule und der Zuarbeit aus der Gemeinde-Verwaltung gemacht. Enttäuscht waren die Frauen dagegen von der Bürgermeisterin, von der es nach dem Vorbereitungstreffen keine Unterstützung mehr für den Helferkreis gegeben habe.Auch bei der Suche nach Wohnungen oder Jobs verließen sich Behörden auf die persönliche Fürsprache der Helfer. "Alleinstehende junge Männer will natürlich keiner haben", berichtet Hilde Venohr von der Reaktion der Vermieter. Deshalb seien zuletzt einige Bewohner der Euerdorfer Unterkunft in andere Unterkünfte verlegt worden. Am Ende blieben zwei Familien mit insgesamt sechs Kindern in Euerdorf, viele leben allerdings noch in der Region, vor allem in Bad Kissingen. "Wir haben noch zu vielen Kontakt, unsere Arbeit geht auch noch weiter", berichtet Hilde Venohr, die eigentlich in Bad Kissingen wohnt, aber in Euerdorf tatkräftig mithalf.
Gute Zusammenarbeit
Wenig Verständnis haben die Helferinnen für Belegung und Abschiebepraxis: In Euerdorf seien am Anfang Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft untergebracht worden. Gerade in Richtung Ost-Europa gab es deshalb auch viele Abschiebungen, zuletzt musste eine georgische Familie ausreisen, die besonders gut integriert war: "Sie haben zwei Kinder hier in Deutschland bekommen, der Mann hatte eine Arbeit", bedauert Hilde Venohr die Ausweisung und hofft, dass die Familie per Arbeitsvisum zurück kommen kann.Unterm Strich ziehen aber alle Helferinnen eine positive Bilanz: "Ich habe sehr viel gelernt", sagt etwa Sabine Grünberg. "Wir haben uns das alles erarbeitet und uns dann auch durchgesetzt", ergänzt Hilde Venohr, die etliche Probleme sogar beim Landrat direkt vorbrachte. Das wichtigste aber sei die gute Zusammenarbeit im Helferkreis gewesen: "Wir sind zum Glück immer gut miteinander zurecht gekommen", betont Hilde Venohr.