Heimatvertriebene erzählen in Ebermannstadt von ihren Erlebnissen
Autor: Helmut Vogler
Ebermannstadt, Sonntag, 18. Oktober 2015
von unserem Mitarbeiter Helmut Vogler Ebermannstadt — "Wie war es damals ab 1946, als die vertriebenen Sudetendeutschen nach Ebermannstadt und Umgebung kamen?" Aus aktuellem Anlass...
von unserem Mitarbeiter Helmut Vogler
Ebermannstadt — "Wie war es damals ab 1946, als die vertriebenen Sudetendeutschen nach Ebermannstadt und Umgebung kamen?" Aus aktuellem Anlass veranstaltete die Sudetendeutsche Landsmannschaft Ebermannstadt im Resengörgsaal eine Erzählstunde mit Zeitzeugen.
Dazu konnte Vorsitzende Gerti Bürger als Erzähler Agathe Bär, Theo Haas, Ernst Schmeußer und Franz Schmitt gewinnen. Agathe Bär erinnerte sich, dass schon 1944 die Schlesier in den beiden Flüchtlingslagern in Ebermannstadt und Streitberg eintrafen.
Der damals aus der Gegend stammende und hier wohnende Pater Arendt kümmerte sich aufopferungsvoll um die Flüchtlinge.
Pfarrer Jupp Schneider und Hans Kulla vom Feuerstein halfen bei der Wohnungssuche und bei der Beschaffung vom Allernötigsten und veranstalteten gemeinsam mit Siegfried Billich Unterhaltungsabende und Veranstaltungen.
Der junge Franz Schmitt ("Resengörgs-Franz") erzählte, dass in unregelmäßigen Abständen aus Forchheim Gruppen von Heimatvertrieben am Bahnhof in Ebermannstadt angekommen sind, die auch bei ihnen in der Wirtschaft aufgenommen und verköstigt wurden, um dann abends von den Bürgermeistern der umliegenden Ortschaften im damaligen Landkreis Ebermannstadt abgeholt und in den (teils beschlagnahmten) Zimmern bei den Bauern untergebracht wurden.
Theo Haas erinnerte sich, dass selbst arm- oder beinamputierte Flüchtlinge in der Landwirtschaft mitgeholfen haben, um ein klein wenig Essen zu bekommen.
Besonders in Erinnerung sei ihm noch, dass eine Flüchtlingsmutter mit ihren drei Kindern trotz aller Not zuweilen abends auf einer Bank vor der Türe gesessen sei und mit ihren Kindern gesungen habe, was bis dahin in Pretzfeld völlig unbekannt war. Richtig neidisch sei er da gewesen.
Natürlich bahnten sich unter den jungen Leuten auch Liebschaften an, was manchmal von den Eltern nicht gern gesehen war, da unter den Flüchtlingen auch evangelische Christen waren. Solche Verbindungen waren damals nicht gern gesehen. Er erinnerte sich an eine Zurechtweisung eines Vaters an seine Tochter in seiner Nachbarbarschaft: "Der hot nix, der iss nex und lutherisch iss er a nu."
Ernst Schmeußer vom kleinen Juradorf Volkmannsreuth erzählte von den drei Wellen: "Erst Evakuierte aus dem Saarland, dann 1945 die Schlesier und ab 1946 die Sudetendeutschen." Da die Dorfbewohner selbst ärmlich waren und die Männer gefallen, im Krieg oder
Gefangengenschaft waren, waren die Bäuerinnen froh, wenn die Flüchtlingsfrauen mit anpackten und arbeiteten. Ährenlesen und Kartoffelnnachlesen waren im Sommer unter anderem die Beschäftigung der Kinder. Neid oder Unzufrieden kannte man im Dorf nicht, denn es hatten ja alle nicht viel.
Hunger gelitten
Es kamen auch schlimme Zustände zur Sprache. So erinnerte sich ein Anwesender im Saal, dass er mit seiner Familie zwangsweise in einem Haus in der Hauptstraße in Ebermannstadt wohnte. Die Hausbesitzer schütteten übriggebliebene Kartoffeln auf den Mist, während sie Hunger litten. Selbst die Türen der zwei Zimmer wurden abgehängt, damit es nicht warm wurde. Notdürftig hat die Mutter sie mit Decken zugehängt. Doch das waren, wie einmütig festgestellt wurde, ganz wenige Ausnahmen. Und diese Familie bekam auch nach kurzer Zeit ein neues Zuhause, wo es ihr dann sehr gut erging.