Heimatmuseum empfängt wieder Besucher
Autor: Dr. Manfred Welker
Weisendorf, Dienstag, 16. Juni 2020
Aufgrund der gelockerten Corona-Bestimmungen ist am Sonntag, 21. Juni, auch das Museum des Heimatvereins Weisendorf unter Wahrung der Sicherheitsvorschriften wieder geöffnet. Josef Wirtz erzählt an di...
Aufgrund der gelockerten Corona-Bestimmungen ist am Sonntag, 21. Juni, auch das Museum des Heimatvereins Weisendorf unter Wahrung der Sicherheitsvorschriften wieder geöffnet. Josef Wirtz erzählt an diesem Sonntag interessierten Gästen die Geschichte eines Wagens in den Sammlungen.
Auf einem Schild befindet sich die Inschrift: "Schmidt József, Majs 254, Baranya - megye". Der Wagen mit einer verhältnismäßig kurzen Ladefläche hat ungewöhnlich hohe und schmale Räder und ist bemalt. Eine Peitschenhalterung ist mit der Peitschenquaste in den Farben rot, weiß und grün versehen. Die überlange Deichsel ist für eine Pferdebespannung ausgelegt.
Diese Einzelheiten verweisen nach Osteuropa, genauer nach Ungarn. Dort lebte die ungarndeutsche Familie Schmidt in der Ortschaft Majs. Als Ende August 1944 die Rote Armee die Grenzen Ungarns erreicht hatte, klärten deutsche SS-Offiziere im Herbst im Lesevereinshaus die Bewohner über die Lage auf. Sie sollten die wichtigsten Sachen verpacken und sich auf die Flucht vorbereiten.
Da die Männer zum größten Teil zur Armee oder zum Arbeitsdienst eingezogen worden waren, lebten bei der Familie Schmidt nur noch die Großmutter, ihre Tochter und deren zwei Töchter auf dem Hof. Es war geplant, dass auf jedem Wagen zwei Familien fahren sollten. Jede Familie sollte zusätzlich zu Kleidung, Hausrat, Wäsche und Bettzeug noch zwei Sack Mehl, geräuchertes Fleisch und mindesten 50 Liter Fett auf dem Wagen verstauen.
Ein langer Treck
Mitte November 1944 startete der Treck mit Ziel Freising bei München, Haus und Hof mussten zurückgelassen werden. Zu Beginn war der Wagen der Familie Schmidt mit zwei Pferden bespannt, allerdings verendete auf dem Weg ein Pferd an einer Krankheit und der Wagen musste einspännig seinen Weg fortsetzen.
Die Kolonne kam kurz vor Weihnachten 1944 in Vilshofen an. Die Schmidts wurden nach Windorf verlagert, wo sie auf einem Bauernhof mitarbeiteten, ebenso wurde das Pferd zur Arbeit eingesetzt. Den Wagen aus der Heimat deponierte man in einem Schuppen, verbunden mit der Hoffnung, nach Kriegsende wieder in das Heimatdorf in Ungarn zurückkehren zu können. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht.
Die Familie zog 1954 nach Weisendorf und pflegte den Wagen weiterhin. 1977 wurde er anlässlich der Kirchweih in der Öffentlichkeit gezeigt und fand danach seinen Weg in das Weisendorfer Museum.