Heftige Auseinandersetzungen
Autor: Manfred Franze
Forchheim, Donnerstag, 17. Januar 2019
Vor genau 100 Jahren fanden die ersten demokratischen Parlamentswahlen in Bayern und Deutschland statt. Am hitzigsten verlief in der Region der Wahlkampf im Stimmkreis Ebermannstadt-Pottenstein-Gräfenberg.
Vor 100 Jahren ging es im Januar 1919 um eine politische Schicksalsfrage: Was wird aus Deutschland? Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg übernahm der SPD-Vorsitzende Friedrich Ebert (1871 bis 1925) die Kanzlerschaft und setzte in der Novemberrevolution 1918 durch, über allgemeine Wahlen die künftige Verfassung Deutschlands festzulegen.
Das war kein einfacher Weg, weil in Berlin blutige Straßenkämpfe tobten und sich die Arbeiterbewegung in Deutschland gespalten hatte: in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD), die für eine Räterepublik war, und in die Mehrheitssozialdemokratie (MSPD), die für eine parlamentarische Demokratie eintrat. Auch in Forchheim spaltete sich 1918 die SPD.
Führende Repräsentanten
Die beiden führenden Repräsentanten - Max Ludewig (MSPD) und Georg Schacher (USPD) - hatten noch bis Anfang Dezember zusammengearbeitet und in gemeinsamen Versammlungen für einen demokratischen Neubeginn geworben. Das änderte sich, als Schacher für den 28. Dezember 1918 die Männer und Frauen zu einer eigenen Veranstaltung einlud, "die sich mit der Politik der alten sozialdemokratischen Partei während des Krieges in keiner Weise zufrieden gaben."
Damit gingen die Mitglieder, die die Zustimmung zu den Kriegskrediten Kaiser Wilhelms II. abgelehnt hatten, einen eigenen Weg und stellten sich auf die Seite Kurt Eisners, der am 7. November die Wittelsbacher vom Thron gestoßen und den "Freistaat Bayern" ausgerufen hatte. Als erster bayerischer Ministerpräsident in der von MSPD und USPD getragenen Revolutionsregierung führte er das Frauenwahlrecht, den Acht-Stunden-Arbeitstag und die Arbeitslosenversicherung ein. Zusammen mit seinem Kultusminister Johannes Hoffmann (MSPD) hob er die geistliche Schulaufsicht auf.
Das brachte ihm vor allem die Gegnerschaft der Kirche und des bürgerlichen Lagers ein. In Forchheim sammelten sie sich zunächst in dem von Hans Räbel Anfang Dezember 1918 gegen den Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat initiierten "Ausschuss der sämtlichen hiesigen bürgerlichen Kreise", um sich "gegenüber etwaigen Übergriffen und Eingriffen in die auch von der Revolutionsregierung proklamierten Rechte der Gewissens-, Pressefreiheit" zu schützen.
Wenige Tage später gründete der einflussreiche Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Forchheimer Gemeindekollegiums zusammen mit dem Ebermannstadter Amtsgerichtsrat Christoph Sebald die Bayerische Volkspartei für Forchheim und Umgebung (BVP) und kandidierte selbst im Stimmkreis Ebermannstadt-Gräfenberg für seine Partei. In dem nur wenige Wochen dauernden Wahlkampf setzte er sich vor allem für die Wahrung christlicher Werte sowie eine weitgehende Selbstständigkeit Bayerns in einem losen deutschen Staatenbund ein und warnte alle "überzeugten Christen und Angehörigen des Bauern- und Mittelstandes" vor der Wahl der Sozialdemokratie.
In der Ablehnung der Sozialdemokratie waren sich die konservative BVP und die liberale Deutsche Demokratische Partei einig, die sich bei den ersten Wahlen auch Deutsche Volkspartei in Bayern (DVP) nannte. In Forchheim ging sie aus dem Liberalen Verein Forchheim und Umgebung hervor. Sowohl hier als auch in Ebermannstadt waren die führenden Mitglieder Handwerksmeister oder Lehrer.