Hecken "weggepflegt"
Autor: Josef Hofbauer
Ebermannstadt, Donnerstag, 22. Dezember 2016
Trotz Biotopkartierung wurden in Ebermannstadt großflächig mehrere Feldraine niedergemacht. Das Landratsamt prüft, ob ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz vorliegt.
JOsef Hofbauer
Baggerschere und Schlegelmähwerk haben ganze Arbeit geleistet. Auf der linken Seite der Straße "Zum Schlüsselstein" wurden drei der terrassenförmigen Hecken auf einer Länge von jeweils gut hundert Metern plattgemacht. Es sieht aus, als wäre eine Trasse für eine Umgehungsstraße freigeräumt worden.
"Ich konnte gerade noch verhindern, dass auch der Heckenrain rechts der Straße niedergemacht wurde", erklärt Gerd Unterburger von der Unteren Naturschutzbehörde. Er prüft derzeit, ob die Tabula-rasa-Aktion noch als Pflegemaßnahme eingestuft werden kann. Fest steht: "Sie war nicht in unserem Sinne, denn eine Heckenpflege, wie sie die Naturschutzbehörde versteht, soll abschnittsweise gemacht werden", erklärt Unterburger. Und auch nicht im Sinne des heuer verabschiedeten "Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes" (ISEK).
Der Planer Jörg Franke schreibt darin: "Auffällig ist ein ausgewiesenes Wohngebiet östlich der Oberen Bayerischen Gasse, in Hanglage und überwiegend im Bereich der ortstypischen Heckenlandschaft. Aus Perspektive des Landschaftsschutzes sowie im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung ist von einer Bebauung dieser Fläche abzuraten."
Über Naturschutz hinweggesetzt
Das ist nicht neu: Bereits 1993 hatte die Untere Naturschutzbehörde vor einer Zerstörung der Heckenlandschaft gewarnt. Vergeblich: Der damalige Stadtrat setzte sich darüber hinweg. Doch das Baugebiet "Debert II" wurde auf Eis gelegt. Dazu heißt es im Städtebaulichen Entwicklungskonzept: "Die im Flächennutzungsplan 1993 angedachte großflächige Wohnbauentwicklung auf dem Osthang in Verlängerung des Baugebietes Debert würde bei heutigem Wissensstand dem geltenden Planungsrecht und derzeitigen Planungsverständnis eine eklatante Fehlentwicklung bedeuten."
Nicht genügend geschützt
Obwohl wesentliche Teile der Heckenstrukturen im gesamten Gemeindegebiet - darunter zählen auch die gerodeten Hecken - als Biotope kartiert sind, genießen diese ökologisch und städtebaulich bedeutsamen Strukturen noch nicht den Schutz, der ihnen demnach gebührt.Sie würden als beliebig zu bearbeitender Bestandteil der Landschaft angesehen, dem jeder mit der offiziellen Erlaubnis, Hecken "auf Stock" setzen zu dürfen, zu Leibe rücken könne, bedauert Jörg Franke. Er kritisiert: Der Bebauungsplan Debert sah keine Restriktionen für Abweichungen vor. Planer Franke stellt in seinem Gutachten auch fest, dass "immer wieder versucht wird, durch das Roden von Hecken die Stadt vor vollendete Tatsachen zu stellen, um so die Einwände gegen die Schaffung von Baurechten im Vorfeld aus dem Weg zu räumen." Der Hintergrund: das Hoffen auf das Baugebiet Debert II, das laut ISEK "jedoch in deutlicher Konkurrenz steht zur Biotopkartierung, die auf den Seiten des Landesamtes für Umweltschutz (LfU) für Ebermannstadt vorliegt". So ist es schwarz auf weiß in der Expertise nachzulesen.
Muss geklärt werden
Die Stadt Ebermannstadt hält sich bei der Bewertung des Eingriffes erst einmal zurück. Der Stadt sei der Zustand der Freiflächen östlich der Oberen Bayerischen Gasse bekannt. Betroffen seien ausschließlich private Grundstücke. Inwieweit diese Eingriffe aus naturschutzfachlicher Sicht zulässig seien, beurteile die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Forchheim. Die Stadt Ebermannstadt stehe diesbezüglich in Kontakt mit den zuständigen Mitarbeitern. Es werde geprüft, ob das Auf-Stock-Setzen der Hecken naturschutzrechtliche Belange berührt.
Es kommt drauf an...
Auch Stadtrat Christian Kiehr (NLE), Vorsitzender der Ortsgruppe Ebermannstadt des Bund Naturschutz, gibt sich bedeckt. Eine Biotopkartierung bedeute nicht zwangsläufig, dass dort nicht gepflegt werden dürfe. Es komme auf die richtige Vorgehensweise an. Grundsätzlich bedürften Hecken und Feldgehölze einer Pflege. In Zeitintervallen von sieben bis zehn Jahren dürften sie zur Holzgewinnung geschnitten werden. Das Landratsamt, das durch einen Hinweis auf den Sachverhalt aufmerksam geworden sei und die Arbeiten sofort in Augenschein genommen habe, sei dabei, den Sachverhalt zu prüfen, bestätigt Abteilungsleiterin Karin Lämmlein. Dabei werde der Kontakt zu den Grundstücksbesitzern gesucht. Eine Beurteilung des Sachverhaltes sei derzeit noch nicht möglich. "Entscheidend ist, was dazu im Bundes- und im Bayerischen Naturschutzgesetz steht", erklärt Lämmlein.