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Hauptbelastungszeuge schweigt vor Gericht: Freispruch


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Donnerstag, 18. Oktober 2018

Wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz saß eine 40 Jahre alte Frau aus dem östlichen Landkreis auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth warf ihr vor, mehrfach Crystal in ni...


Wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz saß eine 40 Jahre alte Frau aus dem östlichen Landkreis auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth warf ihr vor, mehrfach Crystal in nicht geringen Mengen gekauft zu haben. Am Ende der knapp zweistündigen Verhandlung wurde sie dennoch in den wesentlichen Anklagepunkten freigesprochen.

Es gelang dem Gericht unter Vorsitz von Richterin Nicole Allstadt nicht, einen Tatnachweis zu führen, zumal der Hauptbelastungszeuge, ein 23 Jahre alter Arbeitsloser, der mit Fußfesseln aus der JVA Hof vorgeführt wurde, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte.

Für den unerlaubten Besitz einer Waffe wurde die Angeklagte lediglich mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 20 Euro belegt. Die Kosten des Verfahrens gehen zulasten der Staatskasse.

Aus der Anklageschrift ging hervor, dass bei einer Wohnungsdurchsuchung eine größere Menge Crystal und eine Waffe gefunden worden waren. Die Angeklagte sah sich vollkommen zu Unrecht beschuldigt. Sie sprach von einem Racheakt und gab an, Crystal weder erworben noch veräußert und auch nicht konsumiert zu haben.

Der erste Zeuge, ein 43 Jahre alter Koch, der ab und zu die Wohnung der Beschuldigten aufgesucht hatte, wurde aus dem Bezirkskrankenhaus Bayreuth vorgeführt. Das Landgericht Bayreuth hatte ihn wegen Rauschgiftgeschäften zu einer Haftstrafe verurteilt.

Auf die Frage von Richterin Nicole Allstadt, ob er wisse, dass die Angeklagte Rauschgift erworben hatte, antwortete er mit einem klaren "Nein". Bei der Polizei hatte er offensichtlich eine belastende Aussage gegenüber der 40-Jährigen gemacht. Er habe auch nicht gesehen, dass die Frau Drogen veräußerte. Und weiter: "Ich habe auch nicht gesehen, dass sie Drogen nimmt."

Das Gastspiel des Hauptbelastungszeugen im Gerichtssaal war nur von kurzer Dauer, denn er machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, weil das Verfahren gegen ihn noch nicht abgeschlossen ist und er sich mit seiner Zeugenaussage selbst belasten könnte.

In den Zeugenstand wurde noch der Kriminalhauptkommissar gerufen, der die Hausdurchsuchung vorgenommen hatte. Er vertrat die Meinung, dass der Hauptbelastungszeuge bei seiner polizeilichen Vernehmung die Wahrheit gesagt habe.

In seinem Plädoyer kam der Vertreter der Staatsanwaltschaft zum Ergebnis, dass die Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit weder Drogen erworben noch verkauft oder konsumiert hat. Er plädierte daher auf einen Freispruch und für den illegalen Waffenbesitz auf eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro.

Rechtsanwalt Alexander Schmidtgall kam zu einem ähnlichen Ergebnis: "Es ließ sich nicht feststellen, was da lief." Für den Verteidiger war klar, dass sich der Hauptzeuge offensichtlich bei seiner polizeilichen Vernehmung Vorteile für sein anhängiges Strafverfahren verschaffen wollte. Auch Schmidtgall sprach sich für die letztlich verhängte Geldstrafe aus.