Druckartikel: Hartz IV trotz Vermögens

Hartz IV trotz Vermögens


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Kulmbach, Freitag, 08. Januar 2016

Stephan Herbert Fuchs Rund 41 000 Euro will das Jobcenter von einer 57 Jahre alten Frau zurück. Der Grund dafür ist, dass die Kulmbacherin bei den jeweiligen Antragsstellungen für ...


Stephan Herbert Fuchs

Rund 41 000 Euro will das Jobcenter von einer 57 Jahre alten Frau zurück. Der Grund dafür ist, dass die Kulmbacherin bei den jeweiligen Antragsstellungen für Hartz-IV-Leistungen in den Jahren 2011 bis 2015 eigenes Vermögen in nicht unbeträchtlicher Höhe verschwiegen haben soll. Neben der Rückforderung muss die Frau auch strafrechtliche Konsequenzen fürchten, denn die Staatsanwaltschaft geht von Betrug in acht Fällen aus.
Vor dem Amtsgericht wurde der Prozess zunächst aber ausgesetzt, denn ganz so einfach, wie es sich anhört, ist die Sachlage nicht. Zunächst sollen weitere Ermittlungen veranlasst und weitere Zeugen geladen werden.


Teilweise Schmerzensgeld?

Hintergrund ist, dass es sich bei dem nicht angegebenen Vermögen zumindest teilweise um Schmerzensgeldzahlungen handeln könnte, und die bleiben nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts tatsächlich weitgehend anrechnungsfrei. Ein weiterer Teil des Vermögens sollte der Frau als die Altersvorsorge dienen, weil sie nach zwei schweren Unfällen nicht mehr in der Lage war, einer Beschäftigung nachzugehen. Vor Gericht beteuerte die Angeklagte lediglich, dass sie das alles nicht mit Absicht getan habe.
Richterin Sieglinde Tettmann stellte allerdings gleich klar, dass jeder Antragsteller beim Jobcenter sein komplettes Vermögen angeben muss, auch wenn er selbst meint, dass das Geld nicht angerechnet werden darf. "Das entscheidet die Behörde und nicht sie", so Tettmann. Höchst unklar ist auch, ob die gesamte Summe tatsächlich aus Schmerzensgeldzahlungen stammt, zumal nicht alle Prozesse abgeschlossen sind. Fest steht nach Angaben der Richterin auch, dass Schmerzensgeld zwar nicht als Einkommen zu rechnen ist, wohl aber als Vermögen. Außerdem müssten wenigstens die Zinsen angerechnet werden, doch auch die hatte die Frau nicht angegeben.
Ein wenig Licht ins Dunkel brachte eine Mitarbeiterin des Jobcenters. Die Frau gab an, dass die Angeklagte der Behörde zwar von den laufenden Klagen wegen der Unfälle berichtet hatte. Sie habe aber nichts davon erwähnt, dass bereits Abschlusszahlungen eingegangen sind.
Aufgrund der extrem hohen Forderungen des Jobcenters will das Gericht nun sämtliche Konten der Frau durchforsten: "Wir wollen wissen, welche Zahlungen aus welchen Gründen seitens der Versicherung an die Angeklagte erfolgt sind", so Tettmann. Auch sollen die beiden Rechtsanwälte vernommen werden, die bislang die Vertretung der Angeklagten bei den Forderungen übernommen hatten.