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Hans Maier prägte eine Ära


Autor: Klaus-Peter Gäbelein

Herzogenaurach, Donnerstag, 02. April 2020

Ein Vierteljahrhundert lang war der Sozialdemokrat Hans Maier Erster Bürgermeister von Herzogenaurach. In seine Amtszeit (1945 bis 1970) fielen zahlreiche und weitreichende Entscheidungen.
Auch in früheren Jahrzehnten wurde in Herzogenaurach schon gerne gefeiert. Der bunte Abend auf der Sommerkirchweih war sehr beliebt. Unser Foto von 1962 zeigt Otto Höpfner, den Wirt vom "Blauen Bock", und Bürgermeister Hans Maier.  Fotos: Archiv


Klaus-Peter Gäbelein Die ersten freien Wahlen nach dem Krieg am 27. Januar 1946 ergaben folgendes Ergebnis: Je fünf Sitze für SPD und CSU sowie ein Sitz für die KPD. Damit begann die Amtszeit von Hans Maier als Erster Bürgermeister, sein Stellvertreter wurde Georg Kummert (CSU).

Der gebürtige Herzogenauracher Maier (Jahrgang 1902) prägte wie kein Zweiter die Geschicke seiner Heimatstadt. Seine politische Heimat war stets die sozialdemokratische Partei. Der gelernte Dachdecker, der in der Schuhindustrie eine vorläufige Bleibe fand, musste sich wegen "marxistischer Umtriebe" in der NS-Ära verantworten, stand er doch an der Spitze des Gewerkschaftskartells. Nach dem Krieg fand er Beschäftigung auf dem Fliegerhorst und wurde letztlich Leiter der Arbeitsamtsnebenstelle in seiner Heimatstadt.

Weichen für den Wiederaufbau

Wie viele seiner Zeitgenossen musste sich Maier in den Jahren des Wiederaufbaus vielfach bewähren: Da galt es zu organisieren und zu improvisieren und schließlich die Weichen für den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Blüte zu stellen. In Herzogenaurach war es die oberste Aufgabe, Wohnraum für Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den Ostgebieten zu schaffen.

Geschickt und mit Weitblick verstand es der "Jachder", wie später sein Spitzname lautete, neue Industriezweige in Herzogenaurach anzusiedeln, denn der Ort war zu einseitig auf die Schuhindustrie fixiert. Das Papierunternehmen Glock gegenüber dem damaligen Bahnhof (unter anderem Produktion von Schulheften), die Feintuchfabrik Fröhner, im Gefolge der Schaeffler-Brüder an die Aurach gekommen, die Werkzeugfabrik Weiler sowie die Firma Fröhlich (Würzburger Staße) und nicht zuletzt der Aufbau des "Industriewerks Schaeffler" und der Schaeffler Teppichweberei bescherten der Stadt erste Vollbeschäftigung.

Wohnungsbau boomte

Der Wohnungsbau boomte, schließlich war die Einwohnerzahl von 4770 (Vorkriegsstand) auf über 6600 angewachsen aber noch immer strömten Menschen aus den Ostgebieten in die Republik. Bei Maiers Amtsübernahme gab es noch immer eine städtische "Volksküche" am Postplatz zur Versorgung der Notleidenden mit einer warmen Mahlzeit täglich. Der erste sehr kalte Nachkriegswinter stellte eine große Herausforderung an die Stadt dar: Es fehlte an Brenn- und Heizmaterial, selbst die Versorgung mit Kartoffeln war eine fast unlösbare Aufgabe.

Wirtschaftlicher Aufstieg

Im März 1948 trat Brauereibesitzer Adam Hubmann (CSU) gegen den inzwischen äußerst populären Hans Maier an. Mit 2000 Stimmen gegenüber 1215 für Hubmann errang Maier einen eindeutigen Wahlsieg. Mit Wirtschaftsminister Ludwig Erhard begann für die Bundesrepublik der wirtschaftliche Aufstieg, von dem auch Herzogenaurach profitierte. 1958 arbeiteten bei Schaeffler (1953 war als zweites Standbein das Textilwerk gegründet worden) bereits 2500 Beschäftigte; 1962 stieg deren Zahl auf 3000 Mitarbeiter.

Freilich sah die Realität in Herzogenaurach in diesem Zeitraum noch alles andere als rosig aus. Es gab noch immer Wohnbaracken, die Besetzung der Siedlung an der Hans-Sachs-Straße durch die Amerikaner zwang die Unterbringung der Neuangekommenen zur Belegung in Schulräumen und Gaststätten. Im Rathaus entschied man sich zunächst für Wohnraum in der Bamberger Straße und in der Kellergasse. Die Baugenossenschaften "Eintracht" und "Eigenheim" sowie das Schaeffler Sozialwerk unterstützten die Kommune hierbei. Herzogenaurach galt in Oberfranken als vorbildlich, weil man hier in den 50er Jahren bereits einen Wirtschaftsplan für Oberfranken erarbeitet hat.

Hans Maier hatte dank seiner bevölkerungsfreundlichen Politik und des wirtschaftlichen Aufstiegs der hiesigen Unternehmen den Höhepunkt seiner politischen Maßnahmen erreicht. Unterdessen waren zusätzliche Baugebiete ausgewiesen worden. Es entstanden moderne Laubengangwohnhäuser im Bereich des Ina-Rings sowie Wohnblocks für Spätaussiedler (Bereich Kantstraße).

Ein "Wolkenkratzer"

Und voller Stolz konnte die Tageszeitung vom Bau vom Bau eines "Wolkenkratzers" im Norden der Bamberger Straße berichten: neunstöckige Wohnhäuser mit Fahrstuhl, Balkon, Zentralheizung und Müllschlucker verliehen Herzogenaurach großstädtisches Flair.

Zwischen 1959 und 1966 entstanden 31 neue Straßen, die teilweise heute noch an die Heimat der Neubürger erinnern. Es galt auch, die Versorgung mit Trinkwasser auszubauen und neuen Schulraum zu schaffen. Bereits 1953 war der Neubau der Carl-Platz-Schule fertiggestellt worden, "eine Musteranlage" wie es damals zurecht hieß. Eine moderne Turnhalle und "Bayerns modernste Kleinschwimmhalle" gehörten ebenso zu den vorbildlichen Neubauten in der Ära Maier.

Auch auf kultureller Ebene mauserte sich die Stadt: Ein modernes Volksbildungswerk entstand, eine Bürgerstube wurde eröffnet und die Stadtjugendkapelle wurde gegründet. Ebenso entstand 1959 ein "Freiwahlladen" mit der fortschrittlichen Methode der Selbstbedienung (Konsum am Rande des Hubmann-Areals, Ecke Hintere Gasse). Kein Wunder, dass der steile Aufstieg Herzogenaurachs unaufhörlich weiterging. Im Oktober 1960 erblickte ein Mädchen das Licht der Welt, es war der 10 000. Einwohner. 1961 wurde der Neubau der Berufsschule bezogen und die ersten Klassen konnten in neu gegründete Mittelschule (heute Realschule) in die ehemalige Berufsschule in der Erlanger Straße (heute Generationenzentrum) einziehen.

Die Hans-Maier-Straße

Ein weiterer Höhepunkt der Bautätigkeit in der Stadt war 1967 die Vollendung des neuen Rathausgebäudes. 1968 begann man mit der Altstadtsanierung. Gleichzeitig wurde beschlossen, nach einer Aurach-Regulierung eine "Entlastungsstraße" im Aurachgrund zu bauen, die heute noch der innerstädtischen Entlastung dient. Zurecht trägt sie den Namen "Hans-Maier-Straße".

Hans Maier, inzwischen 68 Jahre alt, hatte sich nach fast 25 Jahren als Bürgermeister 1969 noch einmal bereit erklärt, für die anstehende Wahl zu kandidieren. Sein Gegenkandidat, der 38-jährige Diplomvolkswirt Hans, ebenfalls ein Herzogenauracher Urgewächs, gewann die Wahl unerwartet klar mit 63,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der Sieger zollte seinem Vorgänger höchsten Respekt für seine großartigen Verdienste für die Stadt.

Hans Maier, Altbürgermeister und Ehrenbürger laut Stadtratsbeschluss vom 8. Mai 1970 starb am 4. Juni 1973.