Hans Doppel geht an die Tabuthemen

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Der Objektkunst und den Werken von Hans Doppel aus Haßfurt (im Bild) war ein Themenabend in der Rathaushalle gewidmet. Foto: Ulrike Langer
Der Objektkunst und den Werken von Hans Doppel aus Haßfurt (im Bild) war ein Themenabend in der Rathaushalle gewidmet.  Foto: Ulrike Langer

Kultur  Der Haßfurter Künstler zeigte Werke und sprach über seine Ideen in der Rathaushalle. Der Kunsthistoriker Matthias Liebel nannte seine Kunst schockierend, aber von hoher Qualität.

von unserer Mitarbeiterin Ulrike Langer

Haßfurt — Die Werke des freischaffenden Bildhauers, Ornamentikers und Objektkünstlers Hans Doppel aus Haßfurt mögen zunächst schockieren und provozieren. Doch sie sind bis ins Letzte durchdacht und laut Aussage des Kunsthistorikers Matthias Liebel "von einer außerordentlich hohen ästhetischen Qualität". Dieses Fazit zog er bei einem Themenabend in der Rathaushalle in Haßfurt, an dem die Geschichte der Objektkunst und die Arbeiten des Haßfurter Künstlers im Mittelpunkt standen.
Das Interesse an der Veranstaltung mit dem Titel "Flaschentrockner, Fettecken und tote Kaninchen", die im Rahmen des Landkreis-Projektes "Kunststück" mit dem Kulturamt der Stadt Haßfurt angeboten wurde, war groß. Neben interessierten Bürgern waren 55 Schüler der beiden Kunstkurse des Q11 des Regiomontanus-Gymnasiums Haßfurt mit ihrer Studienrätin Kim Davey gekommen. "Das ,Kunststück' hat es sich zur Aufgabe gemacht, die verborgenen Schätze im Bereich der Bildenden Kunst ans Licht zu bringen - und ein solcher Schatz ist ohne Zweifel Hans Doppel", sagte die Projektleiterin des "Kunststücks", Sibylle Kneuer.
Bevor Dr. Matthias Liebel auf die Arbeiten von Hans Doppel einging, "reiste", er in seinem Vortrag mit Siebenmeilenstiefeln durch 100 Jahre Kunstgeschichte. Auch wenn der Begriff Objektkunst mit Joseph Beuys eng verbunden sei, sei er nicht der Erfinder dieses Genres gewesen, sagte Liebel. "In der Objektkunst geht es um Gegenstände, die vom Künstler in der Alltagswelt vorgefunden und, ohne viel daran zu verändern, zum Kunstwerk erhoben werden", beschrieb er die Kunstrichtung.
Zum Künstler Hans Doppel sagte er: "Er ist einer der umstrittensten Künstler in der Region, weil er mit seinen Objekten, Installationen und Performances an Tabuthemen wie Tod oder Verwesung rührt. Hans Doppel beschäftigt sich aber auch mit der Anfertigung von Skulpturen, die als Grabmäler oder Gartenskulpturen eingesetzt werden können."
Anhand von Fotos von Grabmälern erläuterte der Referent, dass Hans Doppel damit die Entwicklung des Menschen von einem physischen zu einem geistigen Wesen oder das Werden und Vergehen der beerdigten Menschen aufzeigt. "Die Grabmäler, die teils korrodieren, vergegenwärtigen, dass Zersetzung und Zerfall, ständige Veränderungen und Mutationen fester Bestandteil des Lebens sind."
Ausführlich beschrieb Matthias Liebel die ausgestellte 14-teilige Reihe "Weißt du warum". Hans Doppel hatte seine sterbende Mutter über Monate hinweg Tag und Nacht begleitet, gepflegt und den Verlauf des physischen Verfalls fotografiert. Als Hommage an sie hat er dann diese Art "Kreuzweg" geschaffen, in dem er für jedes Bild zwei oder mehrere Negative übereinander gelegt und belichtet, in verrostete Rahmen gegeben, mit einem griechischen Kreuz versehen und nach der Art des Kreuzwegs mit den Zahlen eins bis 14 beschriftet hat. "Die Reihe ist eine kritische, zweifelnde, neugierige und trauernde Auseinandersetzung von Hans Doppel mit dem Leben und Sterben seiner Mutter und eine Hinterfragung des Sinns des Lebens und Sterbens", meint Liebel.

Mit der Mutter abgesprochen

"Die Werke von Hans Doppel sind von außerordentlich hoher ästhetischer Qualität und können neben so berühmten Arbeiten wie denen von Damien Hirst sehr wohl bestehen", betonte er. "Umso unbegreiflicher, dass Hans Doppel nicht längst schon in den bedeutenden Museen zumindest unseres Landes vertreten ist."
Hans Doppel erzählte, wie ihm die Ideen für seine Werke kommen. "Wenn ich nachts nicht schlafen kann, habe ich von Mitternacht bis 6 Uhr morgens einen Tag-Nacht-Traum und weiß dann, wie ein Werk aussieht", schilderte er. "Das Interessante ist, dass mir dann alles zur Verfügung steht, was ich brauche und meine Arbeit dann genauso aussieht, wie ich es mir gedacht habe."
Zu seiner Arbeit "Weißt du warum" befragt, sagte er, dass er die Fotografien mit seiner Mutter abgestimmt habe. Er habe ihren Sterbensweg begleitet und das Thema Tod durchlebt und diesen Prozess künstlerisch umgesetzt. Die 14 Bilder habe er dann für eine Ausschreibung in Bamberg eingereicht. "Als mir aber ein Jury-Mitglied sagte: ‚Ihre Arbeit hätte den ersten Preis verdient, aber uns gefallen die rostigen Rahmen nicht‘, war ich schon vergrämt." Denn diese Rahmen hätten wie alles andere an dieser Reihe eine tiefere Bedeutung: Sie stünden für das Vergehen allen irdischen Seins und für das Vergehen des menschlichen Lebens und seien unzertrennbar mit der Aussage der Bilder verbunden.
Dem Gymnasiasten Moritz Thelenberg war die Art der Objektkunst von Hans Doppel bisher unbekannt. "Die Bilder aus der Reihe ‚Gefangenschaft im Fleisch - Aufstieg des Geistes‘ waren für mich am Anfang sehr schockierend und haben mich aus der Fassung gebracht", teilte er mit. "Auch auf den zweiten Blick und nach dem Vortrag von Matthias Liebel habe ich vielleicht nicht die gesamte Aussage verstanden. Doch ich habe einen Einblick in die Gedanken des Künstlers bekommen und kann das Werk besser verstehen."

"Was wir konsumieren"

Lukas Welsch, ebenfalls Mitglied eines Kunstkurses am Haßfurter Gymnasium, fand die Performance "Pinkelmaschine" am interessantesten. "Sie hat mich dazu angeregt, darüber nachzudenken, was wir konsumieren", erklärte er. Und: Den christlichen Bezug in den Bildern "Weißt du warum" hat er als interessant empfunden.