"Hätte ich nicht schneller sein können?"
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Oerlenbach, Montag, 14. Februar 2022
Unfall Zwei Polizisten versuchen, eine Frau unter Wasser aus ihrem Auto zu befreien. Sie wissen: Jede Sekunde zählt. Sie geben alles - und fühlen sich hilflos.
Michael Simon zog seine Schutzweste aus. Sein Kollege Lukas Stark tat es ihm gleich, er legte Pistolengurt und Schlagstock weg. Michael Simon: "Ich machte einen Schritt ins Wasser, das Ufer fiel steil ab, mit zwei Zügen war ich am Auto." Ja, natürlich habe er bemerkt, dass das Wasser kalt war. "Aber mehr auch nicht. Mehr hat mir mein Körper nicht signalisiert." Die Gnade eines Adrenalinausstoßes, wie es sein Kollege Lukas Stark ausdrückte.
Er konnte sich auf das Auto knien. "Dann versuchte ich, unter Wasser die Beifahrertür zu öffnen. Die hat sich keinen Millimeter bewegt." Er rief Lukas Stark zu, dass er etwas brauche, um ein Fenster zu zertrümmern. Lukas Stark holte seinen Schlagstock, ging ins Wasser, "ich habe die Kälte nicht wahrgenommen". In der gleichen Zeit hatte ein Feuerwehrmann Michael Simon bereits einen schweren, faustgroßen Schäkel zugeworfen. "Damit wollte ich unter Wasser das Fenster zertrümmern." Dass er sich dabei blutige Kratzer an beiden Händen zuzog, bemerkte er erst später. Aber er konnte da ertasten, dass das Beifahrerfenster bereits durch den Unfall zu Bruch gegangen war.
Feuerwehr mit Seilwinde
Für Michael Simon stand fest: "Da tauch ich jetzt durch." Doch in dem Moment war die Feuerwehr Oerlenbach dabei, ihren Plan umzusetzen: Sie hatten in der Zwischenzeit ein Abschleppseil um ein Rad geschlungen und begannen, mit einer Seilwinde das Wrack aus dem Tümpel zu ziehen. Michael Simon und Lukas Stark schwammen ans Ufer.
Michael Simon: "Ein Feuerwehrler öffnete die Tür, griff durch die zerbrochene Scheibe ins Fahrzeuginnere, zerschnitt den Gurt. Erst da sah ich, dass es sich um eine Frau handelte." Leblos. "Sie ist in meinem Alter. Ich ging zu diesem Zeitpunkt offen gestanden davon aus, dass es schlecht um sie steht." Hoffentlich, so dachte er später, hat sie keine Kinder. Michael Simon ist selbst Vater zweier Kinder. Lukas Stark stand wie Simon tropfnass am Ufer. "In mir war nichts außer Frust." Frust, Hilflosigkeit, Enttäuschung darüber, dass sie der Frau offenbar nicht helfen konnten, "ich dachte ja, es sei zu spät". Diese Hilflosigkeit, sagt er später, vergesse er nicht. "Du willst was tun, weißt aber nicht, ob es die beste Lösung ist - aber irgendeine muss her. Und die muss auch Erfolg haben."
Dann geschah ein kleines Wunder: Die Reanimation gelang, die Frau wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.