"Hätscherklooßen" warnen die Königsberger vor den Gefahren des Feuers
Autor: Gerold Snater
Königsberg in Bayern, Dienstag, 01. Dezember 2015
von unserem Mitarbeiter Gerold Snater Königsberg — Königsberg braucht kein Halloween. Denn in Königsberg gibt es die "Hätscherklooßen". Der alte Brauch wird seit Jahren immer am Ab...
von unserem Mitarbeiter Gerold Snater
Königsberg — Königsberg braucht kein Halloween. Denn in Königsberg gibt es die "Hätscherklooßen". Der alte Brauch wird seit Jahren immer am Abend des 30. November neu belebt. Dann verkleiden sich Buben und Mädchen abenteuerlich mit einem langen Mantel und Pluderhose, setzen einen Hut mit Feder auf, und oft gehört auch ein Bart zur Maske. So ziehen die Kinder von Haus zu Haus, um die Bürger mit Gedichten und Sprüchen vor den Gefahren des Feuers zu warnen. Hinter den "Hätscherklooßen" verbirgt sich der Name des berühmten Feldherrn Tilly, oder, wie er mit vollem Namen hieß, Johann Tserclaes, Graf von Tilly.
Der erfolgreichste Feldherr der katholischen Liga im 30-jährigen Krieg kam im März 1632 mit 8000 Mann in das evangelische Städtchen Königsberg.
In der Folge brach hier ein Großbrand aus, der fast ganz Königsberg in Schutt und Asche legte. Eine Schicksalsstunde. Im Volksmund verband sich das Grauen mit dem Namen des Feldherrn Tserclaes.
Die Aussprache des Namens bereitete Schwierigkeiten, so wurde der Name immer mehr verstümmelt, und allmählich ging der ursprüngliche Sinn verloren. Im Laufe der Zeit benutzten Mütter, wenn sie ihr ungebärdiges Kind zähmen wollten, den Ausspruch: "Warte, ich hole gleich den Tscherkläß!"
Aus dem einstigen "Herr Tscherkläß" wurde der "Hätscherklooß". So entstand der "Hätscherklooßabend", der zu einem Brauch in der Stadt wurde. Der ehemalige Rektor der Königsberger Volksschule, Karl Eisentraut, förderte das Brauchtum auch; bis heute halten die Königsberger am Abend des 30. November Süßigkeiten und ein wenig Geld für die "Hätscherklooßen" bereit. Die sagten am Montag brav ihr Gedicht auf und erhielten dafür ihre Belohnung.