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Grüne für Stop des Tunnelbaus


Autor: Sonja Adam

Kauerndorf, Sonntag, 24. April 2022

Verkehr Als Ministerin Kerstin Schreyer (CSU) den Bau des Kauerndorfer Tunnels freigegeben hatte, floss bei den Anwohnern Sekt. Jetzt initiierten die Grünen still und heimlich einen Ortstermin an gleicher Stelle.
Helmut Kurth (rechts) aus Ködnitz holte beim Treffen mit dem Grünen-Abgeordneten Tim Pargent die alte Idee, die Anwohner in Kauerndorf umzusiedeln, wieder hervor und machte sich für ein "großzügigere Entschädigung" stark. Allerdings würde sich die am Verkehrswert der Grundstücke orientieren - und der sei gering.


Die Grünen wollen den Bau des Kauerndorfer Tunnels stoppen. Deshalb trafen sich jetzt rund ein Dutzend Aktivisten vor der Gärtnerei Nemmert, um sich die Planungen vor Ort anzusehen. Mit dabei waren Tim Pargent, seines Zeichens finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, die Fraktionsvorsitzende der Grünen in Kulmbach, Dagmar Keis-Lechner, Grünen-Stadträtin Pia Kraus aus Stadtsteinach, Gemeinderätin Brigitte Lauterbach aus Mainleus, Martin Pfeiffer, Magdalena Pröbstl und Alwin Geyer vom Bund Naturschutz sowie einige Sympathisanten.

Wortführer beim Ortstermin war Helmut Kurth aus Ködnitz. Kurth hatte schon vor mehr als drei Jahrzehnten Unterschriften gegen die Ortsumfahrungspläne gesammelt. Jetzt fordert der Diplomingenieur, dass die Anwohner in Kauerndorf entschädigt und umgesiedelt werden sollten. Dann könne die Straße ohne Tunnel ausgebaut werden. "Die Leute kriegen doch nie ihre Ruhe. Jeder Ausbau einer Verkehrsachse zieht neuen Verkehr an", gab Kurth zu bedenken und verwies auf hohe Kosten für den Unterhalt des Tunnels. Pro Jahr werden rund eine Millionen Euro veranschlagt.

"Die Menschen können die Unterlagen einsehen. Aber welche Folgen der Bau des Tunnels hat, ist kaum vorstellbar", merkte Alwin Geyer an. Und auch Grünen-Politikerin Dagmar Keis-Lechner betonte, dass die Visualisierungen für viele Menschen nicht das Ausmaß der Veränderungen klarmachten. Keis-Lechner, die selbst mit dem E-Bike zum Ortstermin gekommen ist, macht sich für ein generelles Umdenken bei verkehrspolitischen Planungen stark.

Lange Planungen

Nicht ganz so sachlich blieb Martin Pfeiffer. Er stellte in den Raum, dass das Personal des Staatlichen Bauamtes Bayreuth, das seit vielen Jahren mit den Vorbereitungen für den Bau befasst ist, um mindestens 20 Prozent gekürzt werden solle, damit solche Planungen erst gar nicht entstehen könnten. Tim Pargent stellte jedoch klar, dass das Bauamt nicht ohne politischen Auftrag tätig werde. Auch die Möglichkeit, einen kleineren Tunnel zu errichten erschloss sich Tim Pargent nicht.

Tatsächlich laufen die Planungen für eine Ortsumfahrung bereits seit den 1970er Jahren. Es wurden in der Vergangenheit verschiedene Möglichkeiten diskutiert - auch mit dem Hintergrund, einen teuren Tunnelbau zu vermeiden.

Der jetzt wieder ins Gespräch gebrachte Vorschlag, die Anwohner umzusiedeln, lag schon einmal auf dem Tisch. Er scheiterte jedoch daran, dass der Verkehrswert der Häuser für eine Entschädigung ausschlaggebend sei - und dieser, wegen der Verkehrsbelastung, gering sei. Zudem wollten die Anwohner gerne in ihrem angestammten Domizil bleiben.

Der Ortstermin der Grünen darf als Reaktion verstanden wissen auf die Erklärung der Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU), wonach die Finanzierung sichergestellt sei und der Tunnel bis Anfang 2027 fertiggestellt werden soll. "Wir wollen uns einfach einmal anschauen, was eigentlich möglich ist, um eine Kostenexplosion zu verhindern", merkte Magdalena Pröbstl an.

Längster Tunnel

Helmut Kurth betonte, dass der Stop der Bauarbeiten auch wegen der Ukraine-Krise kommen müsse. Der Tunnel soll 730 Meter lang werden und wäre damit Oberfrankens längster. Als Kosten sind 90 Millionen Euro veranschlagt. Kurios beim Ortstermin war, dass die Grünen-Poilitiker bewusst nicht mit den Anwohnern, die im Garten waren, das Gespräch zum Tunnelstopp suchten. Wohl deshalb, weil die Anwohner die Ankündigung, dass jetzt die Finanzierung gesichert sei und dass der Bau vonstattengehe, vor wenigen Wochen gefeiert hatten. Bürgermeisterin Anita Sack (CSU) war ebenfalls nicht zum Ortstermin eingeladen, teilte sie auf Nachfrage mit. "Wir freuen uns, dass die Finanzmittel freigegeben worden sind und dass der Bau jetzt weitergeht. Wir freuen uns vor allem für die Anwohner", sagte die Ködnitzer Bürgermeisterin.

Auch die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner (CSU), die lange für eine Entlastung der Anwohner gekämpft hatte, wurde nicht über den Ortstermin informiert, wie sie sagt. "Ob es eine Möglichkeit gibt, die Häuser abzulösen, ist doch alles geprüft worden. Das Verfahren ist klar. Und die Finanzmittel sind jetzt bewilligt. Mir ist nur wichtig, dass die Menschen nicht hintenrunterfallen", kommentierte Emmi Zeulner die Pläne der Grünen auf Nachfrage.