Druckartikel: "Grande Dame" und gute Tante

"Grande Dame" und gute Tante


Autor: Edwin Meißinger

Rödental, Montag, 01. Dezember 2014

100. Geburtstag  Die Wirren des Zweiten Weltkrieges haben Elfriede Domesle aus dem Sudetenland erst nach Ebern und dann nach Rothenhof geführt. Dort hat sie mit der katholischen Kirche und in ihrem Garten ihr Glück gefunden.


Rödental — Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht hat Elfriede Domesle gestern ihre Gäste zu ihrem 100. Geburtstag willkommen geheißen. Gefeiert wurde im Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt.
Umgeben von ihrer Familie - dem Neffen Kurt Janisch mit seiner Frau Olga, seinen Töchtern Marion Setzer und Ellen Schnürch - und Bürgermeister Marco Steiner (FW) als offiziellem Gratulanten, nahm Domesle Glückwünsche erfreut entgegen.
Obwohl das Leben der Jubilarin nicht immer einfach war, hat sie die Freude und ihren Humor nicht verloren. "Lediglich das Gehör macht nicht mehr so mit", berichtete sie ihren Besuchern. Ihrem Neffen, Kurt, blieb es so vorbehalten, aus dem Lebenslauf seiner Tante zu berichten. So sind die Schäden an Elfriede Domesles Gehör die Folge der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg.
Elfriede Domesle wurde am 1. Dezember 1914 im Sudetenland in Michelsdorf (Kreis Landskron) geboren. Sie war das Jüngste von vier Kindern. Zusammen mit ihren Geschwistern (Josef, Otto und Marie) wuchs sie in ihrer sudetendeutschen Heimat auf. Wie es damals üblich war, musste sie nach ihrer Schulzeit in den Haushaltsdienst zu anderen Familien gehen. So verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt. "Sie war bei drei Familien und half dort im Haushalt", wusste ihr Neffe zu berichten.

Der Krieg änderte alles

Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte im Jahr 1946 die Vertreibung aus ihrer Heimat. Kurt Janisch erlebte diese Zeit noch selbst mit: "Wir wurden in einen Viehwaggon gesperrt und abtransportiert." Seine Tante sei damals auch mit dabei gewesen. In Ebern kam die Familie dann an. Elfriede Domesle kümmerte sich lange Zeit um ihre Mutter, bis diese im Alter von 88 Jahren verstarb.
Danach lebte Elfriede Domesle 42 Jahre lang in Rothenhof gelebt. Dort war ihre Leidenschaft der Garten. "Sie hat Erdbeeren gepflanzt, sich um die Blumen und den restlichen Garten gekümmert", berichtete Janisch. Ihre Großnichte, Ellen Schnürch, wusste aus dieser Zeit zu berichten, dass die Großtante regelmäßig sonntags auftauchte. Sie habe gerne Karten gespielt. Die Jubilarin fügte an, sie sei sonntags auch immer in die katholische Kirche gegangen: "Das war mein Ein und Alles."
Verheiratet war Elfriede Domesle nie. Sie war während des Zweiten Weltkrieges verlobt. Ihr Verlobter wurde jedoch in den Krieg eingezogen - "und man hat nie wieder etwas von ihm gehört", berichtete der Neffe der Jubilarin. In die Familie ihres Neffen wurde Elfriede Domesle aber gerne aufgenommen. "Als Tante hat sie sich nicht in die Erziehungsfragen eingemischt§, betonten Kurt und Olga Janisch. Die "Grand Dame" des Awo-Seniorenheimes zu sein - über diese Formulierung müsste Elfriede Domesle nach Angaben ihrer Angehörigen sicher gelacht. "Ich bin nicht groß. Sie haben mir früher gesagt, ich soll viel essen, aber ich bin nicht mehr gewachsen", habe sie immer erzählt. Mit dieser Aussage wurden dann gestern auch all ihre Geburtstagsgäste begrüßt. Diese Information erhielt auch der Bürgermeister, als er ein Glas Honig, die Glückwünsche der Stadt und einen Blumenstrauß der Jubilarin überreichte.
Etwas später erfuhren die Gäste von Elfriede Domesle, dass sie früher dreimal operiert wurde und daher nicht mehr gewachsen sei. Obwohl die Hundertjährige dadurch nicht einmal 1,50 Meter groß ist, hat sie sich gestern dennoch als "Grand Dame" erwiesen. em