Geschichte zum Leben erweckt
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Montag, 09. Mai 2016
Mit dem Ende der Arbeiten am Hiltpoltsteiner Tor und dem Mesnerhaus vollenden die Altstadtfreunde ihr bisher größtes Projekt. Ohne die unermüdliche Leistung der freiwilligen Helfer und Spenden wäre das nicht geschafft worden.
Ein Schandfleck gerade an der prominenten Eingangsstelle zur Stadt Gräfenberg waren die beiden Ruinen: das Hiltpoltsteiner Tor und das Mesnerhaus. Das Torhaus ist aber nur über das Mesnerhaus zu erreichen. Zuletzt diente es als Wohnhaus. Die Nachkommen benutzten es nicht, weshalb es die Altstadtfreunde erwarben und damit auch das Hiltpoltsteiner Tor sanieren konnten. "Heute bilden das Hiltpoltsteiner Tor und das sogenannte Mesnerhaus ein Ensemble", sagt Otto Müller, Vorsitzender der Altstadtfreunde.
Manche Fenster bleiben zu
Ein kleiner Trupp der 20 freiwilligen Helfer, die regelmäßig in ihren freien Stunden im ehemaligen Mesnerhaus gearbeitet haben, ist heute auch dort. Den neuen Räumen wird der letzte Schliff verliehen. An der Fensterwand noch kleine Ausbesserungsarbeiten, die Maler sind auch im Haus unterwegs.
Fast ist alles fertig renoviert und saniert, die 105 Quadratmeter Wohnfläche, auf vier Etagen verteilt. "Das ist noch die typische Kappendecke", erklärt Otto Müller gleich unten im Treppenhaus. Ein Stall mit typisch preußischer Decke war dort, wo später die Garage war. Die Fenster lassen sich nicht überall öffnen. "Aus Feuerschutzgründen", verrät Müller eine der Auflagen für die Sanierungsarbeiten an den denkmalgeschützten Gebäuden. Zu nah sind die anderen Häuser hier am Rand der Stadtmauer. Auch das Mesnerhaus ist an die Stadtmauer angelegt und im 18. Jahrhundert um ein Stockwerk aufgestockt worden, erklärt Müller. Als das Mesnerhaus aufgestockt wurde, übernahm es die Kirchenstiftung. Der Mesner, der zugleich der Lehrer war, wohnte hier. Und wenn Not am Mann herrschte, musste er seine 70 Schulkinder im Wohnraum unterrichten. Der war damals kleiner als jetzt, denn er war unterteilt in Wohnraum und Schlafraum. Ein Eichenholzboden erfasst die Atmosphäre des Raumes, passt zur damaligen Zeit und steht auch für das Moderne. Die Bohlenbalkendecke aus dem 18. Jahrhundert, der Erbauungszeit, wurde erhalten und erneuert. Das Holz wurde laut dendrologischer Untersuchung im Jahre 1756 geschlagen. Die Decken sind niedriger als in den modernen Gebäuden, doch die dicken alten Holzbalken vermitteln neben Geschichte auch Gemütlichkeit.
Einen Teil der Stadtmauer sieht man noch im jetzigen Wohnraum, 1,20 Meter war die Mauer dick. "Die Leute haben die Stadtmauer von innen abgebrochen, um mehr Wohnraum zu erhalten", erklärt Müller, was damals üblich war. Doch nicht nur durch den erhaltenen Teil der Stadtmauer ist das Gebäude voller Historie. Vom jetzigen Treppenhaus (ganz nach oben geht es noch nicht, die Eichenstufen werden noch montiert) geht es ins untere Turmzimmer. "Hier ist noch der Wehrgang sichtbar", erläutert Bautruppleiter Hermann Danter und zeigt auf die Umrahmung an der Wand.
Mehr als 4100 Stunden Arbeit
In den historischen Gebäuden sind mehrere Bauphasen zu erkennen: der alte Torturm aus dem 14./15. Jahrhundert, das Mesnerhaus aus dem 18. Jahrhundert und jetzt die neue Erschließung des Treppenhauses mit dem unterstuften Titan als Außenverkleidung in der Formensprache des 21. Jahrhunderts. Auch die Loggia, die entstand, ist so verkleidet und bietet neben einem unbestechlichen Blick über Gräfenbergs Dächer die Möglichkeit, mit Grün ein wenig Gartenambiente auf dem Sonnensitz zu zaubern. Verzaubert ist aber der Betrachter ohnehin von der unglaublichen Leistung der Altstadtfreunde und aller Helfer. "Nach dem Entfernen von alten Mauern, den Fenstern, den Dachziegeln und Latten, dem losen Innenputz, aller Fußböden und Fliesen, nahm der Innenausbau langsam Konturen an", erinnert sich Danter an über 4100 Stunden, in denen zahlreiche Arbeiten in den vergangenen Monaten ausgeführt worden waren.
Fördergelder und Spenden
Die Heizungs-, Wasser- und Abwasserinstallation, die Fenster, Holzbalken, Fußböden und Holzdecken wurden eingebaut, Elektroleitungen verlegt, verputzt und die Wände gestrichen. Die Wohnung ist fast fertig und kann bald zur Vermietung angeboten werden. Das ist auch notwendig, wird doch ein Kredit durch die Mieteinnahmen finanziert werden. Ein langer Weg liegt hinter den Altstadtfreunden. Knapp zwei Drittel der benötigten Mittel sind Fördergelder. Dennoch bleiben ein Drittel, über 200 000 Euro, die aus Eigenleistung, Spenden und teils sogar aus einem Kredit beglichen werden müssen.
Viel Unterstützung bekamen die Altstadtfreunde jedoch von allen Seiten.