Geschenk für Weisendorfer Ordensleute
Autor: Manfred Welker
Weisendorf, Freitag, 18. November 2016
Pater Maria-Eugen vom Kinde Jesus hat 1932 die Gemeinschaft Notre-Dame-de-Vie gegründet, deren deutscher Hauptsitz sich im Seebachgrund befindet. Heute wird der Theologe, der Kontemplation und Aktion in Einklang bringen wollte, in Avignon selig gesprochen.
Pater Maria-Eugen vom Kinde Jesus, der Gründer der Ordensgemeinschaft Notre-Dame-de-Vie, wird heute in Avignon selig gesprochen. Eine Niederlassung des Ordens befindet sich in Weisendorf. Der über Satellit frei empfangbare katholische Fernsehsender EWTN überträgt die Feier von 15.30 bis 17.30 Uhr.
Sibylle Schmitt, eines der Ordensmitglieder, freut sich über die bevorstehende Ehre: "Für uns ist die Seligsprechung unseres Gründers eine große Freude, wir wissen nun, dass er bei Gott ist und dort für uns eintreten kann, wenn wir ihn darum bitten. Einige von unseren älteren Mitgliedern haben ihn noch gekannt. Wir freuen uns vor allem, dass er jetzt bekannter wird und dass viele Menschen sich von seinem Lebenszeugnis bereichern können. Er selbst wollte immer nur die Menschen zu Gott führen und ihnen die Gegenwart Gottes in jedem bewusster werden lassen."
Pater Maria-Eugen wirkte vor allem in der Zeitspanne des Ersten Weltkriegs bis kurz nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Im Jahr 1894 wurde er als Henri Grialou in Frankreich (Le Gua) geboren, er starb im Jahr 1967 in Venasque. Der Erste Weltkrieg prägte ihn zutiefst und offenbarte seine menschliche Größe. In einer führenden Position an der vordersten Front sah er trotz des immensen Leids das Positive in jedem menschlichen Herzen und erfuhr inmitten des Kriegsgeschehens den beständigen Schutz der heiligen Therese vom Kinde Jesus, die er schon im Alter von 13 Jahren entdeckt hatte. Die Lehre der geistlichen Kindschaft bedeutet eine "Revolution der Spiritualität" seiner Zeit.
Durch die Erfahrungen des Krieges entschloss er sich, Theologie zu studieren und Priester zu werden. Kurz nach seiner Priesterweihe im Jahr 1922 trat er - ergriffen von dem spanischen Mystiker Johannes vom Kreuz - in den Orden der unbeschuhten Karmeliten ein. Dort schöpfte er reichlich aus den Schriften der heiligen Teresa von Avila, die ihm Erleuchtungen über das innere Gebet schenken. Als Ordensmann tauchte er ganz in die Lehre der beiden Kirchenlehrer ein und drang mit einem unerschütterlichen Glauben in die Geheimnisse Gottes ein. Es war ihm ein Herzensanliegen, Kontemplation und Aktion im Alltag miteinander in Einklang zu bringen.
In acht Sprachen übersetzt
In seinem Meisterwerk "Ich will Gott schauen" nahm er den Leser an die Hand und führte ihn den Weg zum Ziel, wo Kontemplation und Aktion sich im vollkommenen Einklang befinden, nämlich in der Heiligkeit. Nach der Veröffentlichung in den 1950er Jahren wurde es in acht Sprachen übersetzt. Es bietet wertvolle Hilfestellungen für das innere Gebet, für das geistliche Leben allgemein, für ein authentisches Christsein, das den lebendigen Gott bezeugen will.Pater Maria-Eugen ist ein geistlicher Meister, der die spirituellen Leitlinien der Schriften der heiligen Therese klar herauszustellen vermag, um den Menschen die Botschaft der geistlichen Kindschaft nahezubringen.
Ganz durchdrungen von der karmelitanischen Spiritualität und bereichert durch seine eigene geistliche Erfahrung suchte Pater Maria-Eugen nach Mitteln, diese Botschaft in den Herzen und damit inmitten der Welt zu verankern. Schon als junger Ordensmann war er überzeugt, dass die Lehre des Karmel nicht nur den Ordensleuten vorbehalten sei, sondern allen Menschen zugänglich sein sollte.
Die Menschen dort zu erreichen, wo sie leben und arbeiten, bewegte Pater Maria-Eugen. Das ist auch der Initialgedanke für das später entstehende Säkularinstitut: Menschen, die im inneren Gebet die Vertrautheit mit Jesus Christus suchen und durch ihr Sein und Tun von Gott Zeugnis ablegen mitten in der Welt.
Heute besteht das Säkularinstitut Notre-Dame-de-Vie aus drei Zweigen, die auf vier Kontinenten vertreten sind: Frauen, Männer und Priester, die sich Gott geweiht haben und zugleich ihren Berufen in der Welt nachgehen. Die Mitglieder leben allein oder in der Gruppe, ihr Hauptsitz in Deutschland befindet sich in Weisendorf, wo ein Exerzitien- und Bildungshaus auch Gäste aufnimmt.
Die Seligsprechung von Pater Maria-Eugen, die das Ende des Jahres der Barmherzigkeit einläutet, ist nicht nur ein Geschenk für die Mitglieder des Säkular-instituts, sondern ein Geschenk für die gesamte Kirche, sind auch die Ordensmitglieder in Weisendorf überzeugt.