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Geschäfte mitten im Wald?


Autor: Harald Rieger

LKR Bamberg, Donnerstag, 01. Dezember 2016

Im Kreistag blieb umstritten, ob es der Landesentwicklung guttut, wenn Gewerbegebiete auf freiem Feld ausgewiesen werden dürfen. Auch die Einstufung mancher Gemeinden sorgt für Ärger.


Der Kreistag bezog Stellung zur Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP). Das Anbindegebot sieht vor, dass Gewerbegebiete direkt an den Ortsrand anschließen müssen und nicht auf freiem Feld irgendwo zwischen Kommunen ausgewiesen werden dürfen. Vor allem zusätzliche Ausnahmen dieses Anbindegebots stießen auf Widerstand im Kreistag.
Die Bamberger Meinung zu einem Entwurf des Heimatministeriums war gefragt. Dieser Entwurf befasst sich mit der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms. Kurz gesagt, war der Landkreis aufgefordert, zu sagen, wie es in Bayern weitergehen soll.


Flächenfraß befürchtet

Während die Mehrheit der Kreisräte zusätzliche Ausnahmen beim sogenannten Anbindegebot befürwortet, kam vor allem aus den Reihen der Grünen harsche Kritik. Die Lockerung soll die Ansiedlung von Gewerbegebieten in ländlichen Teilräumen fördern und neue Arbeitsplätze schaffen. Deshalb sollen künftig auch Ausnahmen für Gewerbe- oder Industriegebiete gelten, die an Ausfahrten von Autobahnen und vierstreifigen Straßen sowie Gleisanschlüssen liegen. Entsprechendes gilt für interkommunale Gewerbe- und Industriegebiete. Ausgenommen wäre davon allerdings, so der Entwurf, Einzelhandelsnutzung wie etwa große Discounter.
Die Grünen sehen in diesen Lockerungsplänen eine Gefährdung der Nahversorgung im Ortskern und Flächenfraß auf der Grünen Wiese. "Damit droht eine Verödung der Ortskerne. Uns ist daher unverständlich, wie der Landkreis das befürworten kann. Wir Grüne sprechen uns dagegen aus", wetterte Andreas Lösche.
Auch Heinz Jung von der SPD betonte, dass Boden wertvoll sei und zwingend eine Innenentwicklung einer Außenentwicklung vorzuziehen sei.
Schließlich müsse man auch kleineren Firmen die Möglichkeit geben, in die Fläche zu gehen, argumentierten die Befürworter. Zudem könnten die Gemeinden noch immer selbst entscheiden, ob sie einer Ansiedlung zustimmen.
Der Entwurf sieht außerdem vor, dass 21 Gemeinden des Landkreises Bamberg dem Raum mit besonderem Handlungsbedarf (RmbH) angehören. Die anderen 15 Gemeinden des Landkreises hingegen bleiben außen vor.
Damit, so fürchtet die Verwaltung, wie sie im Kreistag darlegte, gerate der Landkreis Bamberg in eine "Insellage", was ein Standort- und Wettbewerbsnachteil sei. Deshalb fordert die Verwaltung, dass der gesamte Landkreis in diesen Förderraum aufgenommen werde.
"Überhaupt", unterstreicht Landrat Johann Kalb (CSU), "müssen dringend die Kriterien für eine Einordnung in den RmbH überprüft und nachgebessert werden." Aktuell würden gerade weniger finanziell leistungsfähige Kommunen außen vor bleiben: Sie kämen nicht in den Genuss der erhöhten Fördermöglichkeiten des RmbH.
"Damit werden die bereits bestehenden Nachteile für diese Kommunen weiter erhöht", kritisierte Kalb. Daher müsse künftig als Strukturindikator die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune berücksichtigt werden.


Kriterien uneinheitlich

Kritisch sahen die Mitglieder des Kreistages auch die Erweiterung der zentralen Orte. Nach Meinung einiger Räte stecke dahinter kein System. So würden Gemeinden mit 6000 Einwohnern als Oberzentrum eingestuft.
Nichtsdestotrotz beschloss das Gremium die Aufstufung der Stadt Hallstadt und des Markts Hirschaid zum Mittelzentrum. Beide Kommunen würden aufgrund ihrer Wirtschaftskraft und ihrer Bevölkerungsentwicklung eine zentralörtliche Rolle spielen bei der über den Grundbedarf des täglichen Lebens hinausgehenden gehobenen Versorgung der Landkreisbevölkerung. So lauten die Einstufungskriterien auf Behördendeutsch. Zumal eine Einordnung der beiden Kommunen als Grundzentrum deren Bedeutung für den Landkreis Bamberg in keiner Weise gerecht werde, findet der Kreistag.
Die Stadt Scheßlitz und der Markt Burgebrach hingegen sind bereits bei der Teilfortschreibung des LEP als Mittelzentren vorgesehen.
Einhellig begrüßt hingegen wurde, dass bei der Teilfortschreibung des LEP zum Schutz des Wohnfeldes innerhalb von Ortschaften ein Mindestabstand von 400 Metern von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden oder Schulen gelten soll. Außerhalb von Ortschaften gilt eine Abstandsregelung von 200 Metern.