Geegerli dürfen am Leben bleiben
Autor: Manfred Welker
Niederlindach, Mittwoch, 05. August 2015
Traditionen Kirchweihbräuche wie die Schlachtschüssel am Donnerstag oder das Raustanzen am Montag haben sich in Niederlindach bis in die heutige Zeit erhalten. Die Jagd nach Federvieh haben die Burschen inzwischen eingestellt.
von unserem Mitarbeiter Manfred Welker
Niederlindach — Die Kerwa ist für Niederlindach immer ein wichtiges Ereignis. Vor einigen Jahrzehnten ging sie noch beim "Schickert" über die Bühne, außerdem gehörte das "Geegerli fanga" zum Ablauf dazu. Der Termin für die Kerwa in Niederlindach war früher der vorletzte Sonntag im August, kann sich Bernhard Ackermann erinnern. Ackermann tanzte als aktiver Kerwasbursche bis zum Jahr 1970 zwei Mal mit seiner späteren Frau den Maien raus. Die Hochzeit feierten beide im Jahr 1971. Damit endete für ihn auch die aktive Zeit.
Bereits am Montag schmückten die Kerwasburschen den Saal in der Gastwirtschaft von Josef "Sepp" Schickert mit bunten Bändern und frischem Grün. Am Dienstag und Mittwoch wurden zum Schmücken Birken im Wald geholt, genauso wie grüne Zweige zum Flechten für den Kranz am Kerwasbaum.
Die Kerwa begann mit der Schlachtschüssel am Donnerstag, an diesem Abend wurde auch das Loch für den Kerwasbaum gegraben. Die Äste zum Schmücken des Wagens brachten die Kerwasburschen am Freitag aus dem Wald nach Niederlindach.
Anstich auf dem Baumstumpf
Mit Musikbegleitung und einem Fass Bier holten die Kerwasburschen am Samstag den Baum in der Mönau. Dieser wurde von Waldarbeitern geworfen. Erst nachdem der Baum unbeschädigt am Boden lag, wurde auf dem Baumstumpf das Fass angestochen. Schon ab 1964/1965 brachte ein Bulldog den Baum aus dem Wald nach Niederlindach. Auf dem Rückweg kehrten die Kerwasburschen in den Gasthäusern in Untermembach, Heßdorf, zwei Mal in Hannberg und schließlich in Niederlindach im Gasthaus Schmitt ("Macher") ein. Erst nach dieser Stärkung konnte im Hof der Gastwirtschaft Schickert der Baum aufgestellt werden.
Am Samstag Abend war Tanz im Saal. Es gab noch keinen offiziellen Anstich.
Am Sonntag war Kerwa ausgraben mit dem "Kerwasnarren". Das Fass fanden die Kerwasburschen meist im Anwesen bei Bürgermeister Josef Haselmann (im Amt 1952-1970) in "Kleinlindach". Am Abend war wieder Tanz im Saal des Gasthauses Schickert. Bei dieser Gelegenheit wurden bereits die Paare zum Raustanzen "ausgemacht", man ging dann gemeinsam zum "Macher", wo mit Sekt angestoßen wurde.
Die Kerwasburschen waren am Montag früh zum "Kiegli zammspil'n" im Dorf unterwegs. Von den Bewohnern bekamen sie Kiegli, aber auch Eier und Geld. Das "Kiegli zammspil'n" dauerte meist bis zum Raustanzen. Die Paare trafen sich meist beim "Macher", um dann von dort mit der Maienrute zum Raustanzen zu marschieren.
Den falschen Geeger erwischt
Nicht mehr gepflegt wird inzwischen das "Geegerli fanga" am Dienstag.
Die landwirtschaftlichen Anwesen mit ihrem zahlreichen Federvieh waren die Grundlage dafür. Denn fast jeder zog sich sein Federvieh selber nach. Meist trafen sich gegen 10 Uhr die rund 20 Ortsburschen zu dieser Aktion. Viele Bauern hielten ihren "Geeger" schon bereit, wenn die Ortsburschen vorbeikamen. Bei anderen erhielten die Burschen bei Nachfrage die Antwort: "Den do hindn kannsd fanga!"
Gelegentlich gab es auch kleine Pannen, so wurde in einem Hof der "Zuchtgeeger" eingesackt und anschließend verspeist, was die Polizei auf den Plan rief. Mit der Äußerung "Da ist nichts zu machen, das ist Brauch!", zogen die Ordnungshüter unverrichteter Dinge wieder ab. Zum Schaden musste der Züchter auch noch den Spott ertragen. Denn nach der Kerwa fand er die Knochen des Mahls auf seiner Fensterbank wieder.
Am Dienstag wuschen auch die Kerwasburschen am Bach in "Kleinlindach" ihre Geldbeutel aus.
Drei bis vier Wochen nach der Kerwa, meist an einem Samstag, feierten die Aktiven der Kerwa ein Kaffekränzla mit Musik. Die ganze Ortschaft war beim Schickert eingeladen. Jedes Mädchen, das beim Raustanzen dabei gewesen war, buk einen Kuchen. Kaffee und Kuchen waren für die Anwesenden umsonst.