Druckartikel: "Gaffer" sollen bestraft werden

"Gaffer" sollen bestraft werden


Autor: Josef Hofbauer

Forchheim, Donnerstag, 16. Juni 2016

Mit Erleichterung nehmen Polizei und Rettungskräfte eine Initiative der Politik zur Kenntnis. In Zukunft müssen Schaulustige, die Verletzte und Leichen fotografieren und filmen, mit Bußgeldern rechnen.
Zu oft filmen Gaffer das Unfallgeschehen und behindern die Rettungsarbeiten. Ein Gesetz soll das ändern.  Foto: Josef Hofbauer


Josef Hofbauer

Eine Gesetzes-Initiative soll in Zukunft Gaffer von Unfallorten fernhalten. Über den Vorschlag für eine Änderung des Strafgesetzbuches und damit für härtere Strafen wird am heutigen Freitag im Bundesrat diskutiert.
Wer Helfer am Unfallort behindert oder Fotos und Videos von Toten und Verletzten macht, soll zukünftig zur Rechenschaft gezogen werden. Der Gesetzentwurf sieht Geld- oder Haftstrafen von bis zu einem Jahr vor. Bereits der Versuch, eine Unfallstelle zu fotografieren, soll strafbar sein. Außerdem soll es für die Polizei einfacher werden, Schaulustigen ihre Handys abzunehmen.


In die richtige Richtung

"Ein Vorschlag, der in die richtige Richtung geht", stimmt Notarzt Christian Glaser, Ebermannstadt, der Initiative zu. Besonders bei spektakulären Ereignissen wie Unfällen oder Bränden sei diese Problematik bislang aufgetreten. "Der Mensch ist halt neugierig", weiß Glaser. "Solange diese Leute nicht im Weg stehen oder Helfer behindern, lassen wir sie gewähren. Das Verständnis hört aber auf, wenn sie Fotos und Videos von Toten und Verletzten machen", erklärt der Ebermannstadter Notarzt. Dabei denkt er an eine Situation, als er bei einem Unfall auf der Autobahn einen Mann zu reanimieren versuchte und Gaffer dieses Szenario filmen wollten.
Die Situation zeige aber auch, dass der Notarzt Wichtigeres zu tun habe, als die Gaffer im Zaum zu halten. "Da haben wir gar nicht die Zeit dazu. Da hat der Patient absolute Priorität", unterstreicht Glaser.


Umsetzung wird schwierig

Sein Fazit: Eine gute Idee, bei der sich der Gesetzgeber aber Gedanken über die Umsetzung machen müsse. Am ehesten kämen dafür die Einsatzleiter oder die Helfer von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk in Frage.
Dieser Sichtweise stimmt der Leiter der Polizeiinspektion Forchheim, Jürgen Knauer , voll inhaltlich zu. " Eine gute Sache, denn der Gesetzesvorstoß setzt ein Zeichen", findet Knauer. "Es kann nicht sein, dass Leute ungestraft ihre Neugier befriedigen und sich am Leid anderer ergötzen."
Die praktische Umsetzung indes könne sich schwierig gestalten. Da müsse der Gesetzgeber genau definieren, wer diese hoheitlichen Aufgaben übernehmen könne.
Am ehesten kämen dafür Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) in Betracht, findet Holger Lehnard, der über 30 Jahre beim THW führende Positionen inne hatte. In dieser Zeit seien die "Glotzer" immer mehr geworden. Mittlerweile gebe es sogar einen regelrechter Katastrophen-Tourismus.


Verheerende Folgen

Mit verheerenden Folgen: Viele der Gaffer ließen ihre Autos einfach irgendwo auf der Straße stehen, so dass nachfolgende Einsatzkräfte nicht mehr durchkämen und Rettungsfahrzeuge, die Verletzte in Krankenhäuser transportieren wollten, blockiert würden. "So etwas muss bestraft werden, aber nicht nur mit einem Bußgeld von 20 Euro", fordert Lehnard. Er findet es höchste Zeit, dass es eine rechtliche Handhabe gibt, um Platzverweise auch durchsetzen zu können.
"Bedauerlich und verstörend" findet es MdL Michael Hofmann (CSU), dass die Politik Menschen, die anderen in Notsituationen helfen, vor Schaulustigen beschützen müsse. Deshalb begrüße er die Niedersachsen-Initiative sehr, "dass mit Strafen gegen solche Personen vorgegangen werden kann, die den Einsatzkräften die Hilfeleistung erschweren.‎ "Wir zeigen damit als Staat, dass so etwas nicht nur moralisch verwerflich ist, sondern einen Eingriff darstellt, der zu bestrafen ist, weil das die Gesundheit oder gar das Leben eines anderen gefährden kann", so Hofmann.
Die Frage, ob Notärzte Platzverweise aussprechen dürfen, müsse aber erst geprüft werden. Den Notärzten dieses hoheitliche Recht zuzusprechen, ohne zuvor die Folgen zu prüfen, hält Hofmann für falsch. "Zuerst muss klar sein, wie es nach Aussprechen eines Platzverweises weitergehen würde", unterstreicht er. "Notärzte sind keine Polizisten! Ihre Aufgabe ist es, Menschenleben zu retten", findet der CSU-Parlamentarier.
MdL Thorsten Glauber (FW) sieht absoluten Handlungsbedarf. Ein Notarzt oder auch andere Rettungskräfte müssten die Chance bekommen, Gaffer des Platzes verweisen zu können. "Da gibt es welche, die stehen im Notarztkoffer", schildert Glauber die Situation. Dagegen müssten sich die Einsatzkräfte wehren können. Wie die Regelung ausgestaltet werden soll, die verhindert, dass Schaulustige den Helfern zu sehr auf die Pelle rücken, müsse bei der Gesetzgebung ausformuliert werden. Ebenso wichtig: "Dieses Gesetz soll die Gaffer auch abschrecken", findet MdL Glauber.