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Für Energie-Direktvermarktung


Autor: Redaktion

Ebern, Dienstag, 04. Februar 2020

Ebern sieht sich bei der Stromerzeugung auf dem richtigen Weg. Ziel ist die Unabhängigkeit von Konzernen.
Bürgermeister Jürgen Hennemann (Ebern), Südwerk-Geschäftsführer Manuel Zeller Bosse und Bürgermeister Ralf Nowak (Pfarrweisach) besichtigen die Solaranlage bei Fischbach, die dazu beiträgt, dass Ebern bald energieautark sein soll (von links).  Foto: pr


"Die Gemeinden müssen energieautark werden." So kurz und prägnant machte Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) bei einer Pressekonferenz zur Energiewende im Eberner Rathaus deutlich, was ihn antreibt. In Ebern ist es laut Stadt-Angaben nicht bei Lippenbekenntnissen geblieben, hier wird Energiewende angepackt. Schon 2009 entschied der Stadtrat, vier Prozent der gesamten Ackerflächen im Stadtgebiet, rund 100 Hektar, für großflächige Solaranlagen freizugeben. Das erste Ergebnis kann sich sehen lassen: 90 Prozent seines Strombedarfs, Industrie und Gewerbe eingeschlossen, deckt Ebern inzwischen aus erneuerbaren Energien - neben Windkraft hauptsächlich aus Solarenergie.

Auf 120 Prozent

Doch damit nicht genug: Sobald die jüngst genehmigte Photovoltaikanlage in Heubach im nächsten Jahr planmäßig ans Netz geht, steigt der Deckungsgrad auf rund 120 Prozent. Mit im Boot beim Ausbau der Solar-energienutzung ist die Gemeinde Pfarrweisach, wo demnächst nahe Herbelsdorf eine Solaranlage mit rund 18 Hektar Nutzungsfläche ans Netz geht, eine weitere mit rund zwölf Hektar entsteht bei Lichtenstein. Wenn alle vier Solaranlagen, einschließlich der bestehenden in Fischbach, laufen, können sie Strom für 16 200 Haushalte zur Verfügung stellen. Lediglich rund 10 000 Einwohner zählt die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Ebern; das sind die Stadt Ebern sowie die Gemeinden Rentweinsdorf und Pfarrweisach.

Bei allen Genehmigungen sei immer auf Landschaftsbild, Naturschutz und auch die Interessen der Landwirte Rücksicht genommen worden, betonten die Bürgermeister Hennemann und Ralf Nowak bei der Pressekonferenz. Bereits bei der Flächenausweisung 2009 habe man einen Katalog von Voraussetzungen erstellt. Folgerichtig würden derzeit keine weiteren Flächen mehr für Freiland-Photovoltaik ausgewiesen.

"Landwirtschaft muss bei uns auf dem Dorf schon noch möglich sein", sagte Nowak. Er lobte vor dem Hintergrund den ebenfalls anwesenden Geschäftsführer der Firma Südwerk, Manuel Zeller Bosse, der für die Projektierung der vier jüngsten Solaranlagen verantwortlich zeichnet. Nowak: "Die Firma war sehr kooperativ und hat so manche Fläche umgeplant, wenn man es mal besichtigt hat." Südwerk ist nach Angaben Zeller Bosses Marktführer in Bayern mit der Umsetzung von rund 170 Hektar Photovoltaikflächen im letzten Jahr.

Landwirte profitierten in vielen Fällen von den Solaranlagen, sagte Nowak. "Das ist auch eine Art Querfinanzierung." Als wichtige Einnahmequelle diene die Pacht der Solaranlagenbetreiber der Existenzsicherung.

Anfragen

Das bestätigte Südwerk-Chef Zeller Bosse, der darauf hinwies, man habe zunehmend Anfragen von Vollerwerbslandwirten und auch von Waldbesitzern, deren Forstwirtschaft durch die beiden letzten Dürresommer oft dramatische Einbrüche zu verzeichnen habe.

Obwohl in Ebern laut Hennemann "im Moment keiner mehr für neue Solar-Freilandflächen anzufragen braucht", ist für ihn die Energiewende gerade erst in Bewegung gekommen. "Unsere Zielperspektive ist, Betreiber von Solaranlagen zu werden."

Zwar hätte Ebern gerne Stadtwerke wie etwa Haßfurt oder Zeil, was aber durch rechtliche Rahmenbedingungen unmöglich sei. Deshalb denke man jetzt über die Gründung einer Gesellschaft nach, die etwa aus Kommunen und Bürgern bestehen könne. Die Baunach-Allianz könne hier ein Ansatzpunkt sein. Hennemann: "Es geht darum, dass wir das, was wir erzeugen, vor Ort verbrauchen und so Wertschöpfung in der Kommune entsteht."

Eine Perspektive ist das auch für Südwerk-Chef Zeller Bosse. Wenn Solarstrom vor Ort vermarktet würde, könnten Kosten für Netzdurchleitung von rund zehn Cent je Kilowattstunde entfallen. "Wenn man bedenkt, dass wir Solarstrom für fünf Cent je Kilowattstunde erzeugen, wird günstige Energie zum wichtigen Standortvorteil für Industrie und Gewerbe."

Damit eine Direktvermarktung rasch möglich wird, sahen alle Gesprächsteilnehmer die Politik in der Pflicht. Es brauche Modelle für zukunftsweisende Stromspeicherung zum Beispiel mit Hilfe von Wasserstoff, Rahmenbedingungen für Direktvertriebe und durchaus auch "etwas Augenmaß der Naturschutzbehörden", wurde betont. red