Füll(federhalt)er im Sommerloch
Autor: Michael Memmel
Bamberg, Donnerstag, 01. Sept. 2016
Michael Memmel Eine Tante geht mit ihrem fünfjährigen Patensohn einkaufen, um ihn für die Einschulung zu rüsten. Von der Mutter des Kindes erhält sie 1000 E...
Michael Memmel
Eine Tante geht mit ihrem fünfjährigen Patensohn einkaufen, um ihn für die Einschulung zu rüsten. Von der Mutter des Kindes erhält sie 1000 Euro für diesen Zweck und verkündet vollmundig: "Such Dir aus, was Dir gefällt." Am Ende des Tages kommt der Junge glücklich nach Hause und präsentiert stolz seine erste Markenjeans und seinen Luxus-Schulranzen. Die Mutter hingegen ist entsetzt: "Wäre es nicht billiger gegangen?"
Diese banale Geschichte verdeutlicht, worum es aktuell in der Montblanc-Affäre geht. Der Hintergrund: Für Büroausstattung stehen den Bundestagsabgeordneten jährlich höchstens 12 000 Euro zur Verfügung - seit 2009 ist das unverändert.
Für diese Summe können die Politiker das Benötigte selbst beschaffen und bei der Bundestagsverwaltung die Erstattung der Kosten beantragen - von Büromaterial über Geräte wie Laptops bis zu den Telefonkosten im Wahlkreis. Praktischerweise ist das Material, das geordert werden darf, in einem eigenen Katalog aufgeführt. Dort waren 2009 auch edle Schreibgeräte der Firma Montblanc zu finden. Und die Abgeordneten bestellten sie - manche so reichlich, dass der Verdacht aufkam, sie würden diese auch als Geschenke verteilen.
Bekannt wurde das Ende 2009 - mit Folgen: Im März 2010 beschloss der Ältestenrat des Bundestages, die kostspieligen Produkte von der Liste zu streichen. Welche Abgeordneten einst zugeschlagen hatten, wurde nicht bekannt. Der Ältestenrat blockierte einen dahingehenden Antrag der Bild-Zeitung.
Trotzdem druckte das Blatt nun vor wenigen Tagen die Namen dieser Parlamentarier und deren Bestell-Summen bei der Luxus-Marke ab. Demnach haben die "größten Montblanc-Raffkes" (Bild) für bis zu 3300 Euro geordert.
Silberhorn auf der Liste
Jetzt kommt der lokale Aspekt: Unter den aufgeführten Personen - über 90 Politiker quer durch alle Parteien - taucht auch Thomas Silberhorn auf, der per Direktmandat den Wahlkreis Bamberg-Forchheim in Berlin vertritt. Der CSU-MdB bestätigt auf Nachfrage die in der Boulevard-Zeitung genannten, vergleichsweise niedrigen 300,90 Euro und erklärt, dafür einen Füllfederhalter beschafft zu haben. Er weist auch darauf hin, dass am Jahresende nicht ausgeschöpfte Mittel der Bürokosten-Pauschale verfallen.
So habe er im vergangenen Jahr 2665,98 Euro aus der Bürokosten-Pauschale nicht verbraucht.Zurück zu Tante, Mutter, Kind: Wer hat Schuld an den - womöglich - überzogenen Ausgaben? Die Mutter, die generell zu viel Geld zur Verfügung stellte? Die Tante, die Grünes Licht auch für teuere Waren gab? Oder das Kind, das sich vom Angebot verführen ließ? Das Urteil fällt der Vater. Wenn die Drei Glück haben, macht er daraus keine Affäre - weil er sich im Sommerloch lieber mit anderen Themen beschäftigt.