Druckartikel: Voraussetzung für die Aufnahme in Haus Martinsruh ist Abstinenz

Voraussetzung für die Aufnahme in Haus Martinsruh ist Abstinenz


Autor: Redaktion

Kasberg, Montag, 25. Sept. 2023

Jeder Siebte in Deutschland trinkt Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Schlimmstenfalls führt der regelmäßige Konsum zur Abhängigkeit mit...


Jeder Siebte in Deutschland trinkt Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Schlimmstenfalls führt der regelmäßige Konsum zur Abhängigkeit mit gravierenden Folgen für Körper und Psyche. Dies schreibt die Stadtmission Nürnberg in einer Presseinformation. In „Haus Martinsruh“ finden chronisch alkoholkranke Männer und Frauen, die schon viele therapeutische Ansätze durchlaufen haben, demnach ein stabilisierendes Zuhause auf Zeit.

Seit über 30 Jahren leiste die Stadtmission Nürnberg in der soziotherapeutischen Suchthilfe-Einrichtung in der Fränkischen Schweiz wertvolle Hilfe. „Der Bedarf ist weiterhin groß“, sagte Einrichtungsleiter Alexander Hübner anlässlich einer Jubiläumsfeier.

Großes Gelände

Haus Martinsruh liegt idyllisch inmitten eines 11.000 Quadratmeter großen Geländes im Dörfchen Kasberg (Stadt Gräfenberg) in der Fränkischen Schweiz. Wo 1992 Jahre die allerersten Bewohner einzogen, leben heute 30 Männer und vier Frauen zwischen 19 und 82 Jahren. Sie alle eint eine schwere Suchterkrankung, die tiefe Spuren hinterlassen hat. „Wir sind eine Anlaufstelle für Menschen, die bei der Suchtberatung waren, die Entgiftungen hinter sich haben oder schon in Langzeittherapien waren“, erläuterte Hübner im Rahmen des 30. Jubiläums, das aufgrund der Corona-Pandemie nicht schon 2022 gefeiert wurde, sondern in diesem Jahr nachgeholt wurde.

Dass Haus Martinsruh auf eine mehr als 30-jährige Geschichte zurückblicken kann, „das ist der Erfolg aller Mitarbeitenden, die sich hier in den vergangenen drei Jahrzehnten engagiert und mit Herz und Verstand um viele, viele Bewohnerinnen und Bewohner gekümmert haben“, betont Kai Stähler, Vorstandsvorsitzender der Stadtmission Nürnberg. Man freue sich über jeden Einzelnen, der durch die Suchthilfeeinrichtung stabilisiert worden sei und sie voller Vertrauen in die Fähigkeit verlassen habe, das eigene Leben künftig wieder selbst zu meistern.

Anforderungen ändern sich

Dabei haben sich die Anforderungen in den vergangenen Jahren gewandelt. Sozialpädagoge und Hausleiter Hübner beobachtet, dass die Menschen, die Hilfe brauchen, immer jünger würden. Sie kommen auch nicht mehr ausschließlich mit chronischer Alkoholsucht ins Haus Martinsruh, sondern haben oft mit mehreren Abhängigkeiten gleichzeitig zu kämpfen, konsumieren zum Beispiel Cannabis oder synthetische Drogen oder leiden an einer Verhaltenssucht.

Diese Veränderung bei der Bewohnerstruktur ist auch Anlass für Hübner, das Hilfekonzept anzupassen und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu integrieren, wie er verrät.

Voraussetzung für die Aufnahme in Haus Martinsruh ist Abstinenz. Wer einmal suchtkrank war, kämpft laut Stadtmission oft sein Leben lang, um sich die eigene abstinente Lebensgestaltung zu erhalten. In Haus Martinsruh begleitete ein multiprofessionelles Team die Bewohner auf diesem Weg: Dieses wolle ein geschütztes Umfeld mit klaren Strukturen schaffen, in dem sich die chronisch suchtkranken Menschen mit ihren unterschiedlichen psychischen und körperlichen Erkrankungen stabilisieren, ihre eigenen Fähigkeiten (wieder-)finden und ausbauen können, um so neue Kraft und Ideen für eine selbstständige Lebensführung finden zu können. Der Mindestaufenthalt beträgt ein Jahr, doch oft bleiben die Bewohner deutlich länger.

Gewerkschafts- und Kinderheim

Haus Martinsruh – der Name leitet sich von Martin Luther ab – hat eine lange soziale Geschichte. Bereits 1927 diente das Gebäude sozialen Zwecken: Die Evangelische Gewerkschaftsjugend Schweinfurt-Nürnberg hatte dort ein Ferien- und Freizeithaus eingerichtet. Die Stadtmission Nürnberg erwarb das Haus 1943. Bis 1988 wurde ein Kinderheim betrieben. Von 1989 bis 1991 diente das Haus als Wohnheim für Aus- und Übersiedler. 1992 begann die Arbeit als soziotherapeutische Facheinrichtung.

Derbfuß betont Bedeutung

Anfänglich begegneten die Nachbarn dem Haus Martinsruh durchaus auch mit Skepsis. Doch das sei lange passé. Gräfenbergs Zweiter Bürgermeister Hans Derbfuß ( CSU ) betonte in seinem Grußwort die Bedeutung der Suchthilfeeinrichtung und die gute Nachbarschaft.

Das Jubiläum wurde mit einem Fest für Bewohner, Mitarbeiter, Kooperationspartner und Spender gefeiert, die Haus Martinsruh unterstützen. Fast 450 Spender haben sich an der Generalüberholung des großen Gartens finanziell beteiligt und damit eine grüne Oase geschaffen. „Ihnen gebührt unser allerherzlichster Dank“, sagte der Vorstandsvorsitzender Kai Stähler. red