Bücherei verleiht jetzt auch Saatgut
Autor: Petra Malbrich
Neunkirchen am Brand, Mittwoch, 23. März 2022
Leuchtturmprojekt Die Bibliothek in Neunkirchen am Brand startet eine Aktion für eigenes Gemüse und Kräuter.
Knackige Karotten, leuchtend rote Tomaten , griechischer Majoran sowie allerlei andere Gartenkräuter – zwar nicht das erntefrische Gemüse und die Pflanzen selbst, aber das Saatgut kann man nun in der Bücherei in Neunkirchen am Brand ausleihen. Und die passenden Bücher dazu. Was zunächst ein bisschen verwunderlich klingt, ist alles andere als das. Die Bücherei in Neunkirchen am Brand eröffnet eine Saatgutbibliothek und verleiht damit dem ganzen Ort Biodiversität, im wahrsten Sinne des Wortes. „Jeder kann sich das gewünschte Saatgut kostenlos ausleihen und bringt es im Herbst wieder zurück“, sagt Gabi Bail, die Leiterin der Neunkirchner Bücherei .
Der Sinn hinter dieser Aktion ist, dass die Leute ihre gewünschten Gemüse- und Kräutersorten im heimischen Garten aussäen und aus diesen wieder das Saatgut gewinnen. Das wird dann in die Bücherei zurückgebracht.
Der Kreislauf ist fast perfekt. Denn die übrig gebliebenen Samen dienen beispielsweise bei der Saatgutgewinnung auch den Vögeln als Futter.
Raphael Naber hat diese Erfahrung gemacht. Er ist der Ideengeber hinter diesem Leuchtturmprojekt in Oberfranken. Dass Gemüse im Garten selbst angebaut und geerntet wird, haben viele Menschen der Generation ab 1990 und auch Raphael Naber nicht erlebt. „Aus Eigeninteresse habe ich dann selbst angepflanzt. Radieschen und Kopfsalat. Ich habe noch nie einen Salat treiben sehen“, erzählt Naber. Jedoch hatte er dann vergessen, den Salat zu gießen. Das war lehrreich. „Der Salat schraubt sich nach oben und bildet an der Spitze eine kleine Blüte aus“, erzählt Naber. In dieser Blüte war der Samen, das Saatgut , aus dem im nächsten Jahr neuer Kopfsalat gepflanzt werden kann.
Ähnliche Erfahrungen hat er mit den Radieschen gesammelt. Eins davon ließ er stehen. Daraus bildete sich ein Stängel, an dem wiederum sich eine Art Knospen bildeten. Dort war das Saatgut , um neue Radieschen im Jahr darauf ansäen zu können. „Das alles weiß man nicht, wenn man sich damit nicht beschäftigt“, erklärt Naber.
Beim Sammeln der Samenkörnchen, die er auf den Boden legte, kamen auch Vögel, um diese Körnchen zu naschen. Der Kreislauf war perfekt. Das Saatgut , das der Hobbygärtner aus den in der Bücherei geliehenen Gemüsen und Kräutern gewinnt, ist das Saatgut , das er der Bücherei zurückbringt. Im Herbst, nach der Ernte. Zugleich wird auf diese Art mehr Saatgut gewonnen als ausgesät und geerntet wurde.