Förderung spaltet ganze Dörfer
Autor: Rainer Lutz
Schönstädt, Freitag, 07. Juni 2019
Die Regierung meint es gut und fördert den Ausbau des Glasfasernetzes in Kommunen. Doch das dazu aufgelegte Programm stellt den Gerechtigkeitssinn vieler Betroffener auf eine harte Probe.
Kai Heinlein ist sauer. Ganz Schönstädt, hieß es, wird mit Glasfaser ans Internet angebunden. Ganz Schönstädt? Eben nur fast. Fünf Häuser bekommen die neue Technik nicht. Eines davon ist seines. "Das versteht erstmal kein Mensch", wettert er. Hintergrund ist ein Förderprogramm der Bayerischen Staatsregierung, das nicht nur in Schönstädt inzwischen für Ärger sorgt.
"Ich habe ein Gewerbe angemeldet und muss Angebote verschicken. Immer wieder passiert es mir, dass die einfach nicht rausgehen", sagt Kai Heinlein. Dabei sollte das kein Problem sein. Sein Anschluss gilt nämlich als ausreichend gut. Deswegen fällt er aus dem Förderprogramm. "Angeblich habe ich mehr als 30 Mbit, aber das stimmt nicht", sagt er und blättert einen Ordner auf. Es ist eine Sammlung von Ausdrucken des Datendurchgangs seiner Fritzbox. Die Anbindung schwankt zwischen 1,9 und 25 Mbit. 30 sind es nie.
Genau das ist die Grenze und die Wurzel allen Ärgers. Rödentals Bürgermeister Marco Steiner (FW) ist mit dem Programm auch nicht glücklich. "Wir bekommen eben nur Geld für Anwesen, die weniger als 30 Mbit haben", sagt er. Das gegenüber dem Fördergeber zu belegen, erfordert ein Gutachten. Und nach diesem haben eben fünf Anwesen in Schönstädt mindestens 30 Mbit zur Verfügung.
"Für das Gutachten wird einfach nach der Physik berechnet, was bei einem bestimmten Querschnitt und einer bestimmten Länge des Kupferkabels ankommen sollte", erklärt Rolf Putz, der den Ausbau seitens der Stadtwerke Rödental begleitet. Schönstädt ist nicht der einzige Ort, an dem es wegen des Programmes Ärger gibt. Eigentlich gibt es den überall, wo ausgebaut wird. "Das Förderprogramm ist eine Frechheit, die Leute sind empört und das ist verständlich", sagt Putz. Die Empörung entlädt sich aber nicht gegenüber der Regierung. "Die kommen auf uns zu und fragen, ob wir noch ganz richtig sind", schildert Rolf Putz, was er von Baustelle zu Baustelle immer wieder erlebt.
Mitarbeiter der ausführenden Baufirma in Schönstädt bestätigen seine Wahrnehmung. Es ist ihre dritte Baustelle in Sachen Glasfaserkabel. Es ist die dritte, bei der sie den Ärger der Bürger zu spüren bekommen.
Leerstände mit Anschluss
Kai Heinlein versteht die Vorgaben des Programmes umso weniger, als seit langem leerstehende Häuser in Schönstädt angeschlossen werden. Seines nicht - obwohl nur wenige Meter Kabel fehlen. Will er auch angeschlossen, und das will er unbedingt, dann kostet ihn das einen vierstelligen Betrag. Der ist gleich hoch, egal wie lang der Weg zum Gebäude ist. "Wir haben da eine Mischkalkulation berechnet, damit nicht einer wenig und der andere viel zahlen muss, wenn er angeschlossen werden will", erklärt dazu Marco Steiner.
Kai Heinlein und den anderen Betroffenen in Schönstädt hilft die Erklärung mit den Grenzen des Förderpogramms wenig. Auch wenn die Stadt, die Werke und die Baufirma allesamt nichts dafür können, bleibt für sie einfach nur das Urteil: "Das ist doch alles unüberlegter Schwachsinn."