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Flüchtling lernt Bauzeichner


Autor: Sabine Weinbeer

Zeil am Main, Samstag, 06. August 2016

Der Jeside Hani Shaker aus dem Irak beginnt im Planungsbüro SRP in Zeil im September eine Ausbildung. Der Chef Hans-Joachim Brandt hat dafür einen zusätzlichen Ausbildungsplatz eingerichtet. Das Unternehmen agiert international.
Unterschrift für einen neuen Lebensabschnitt: In Zeil beginnen am 1. September ihre Ausbildung zum Bauzeichner Julian Kehl aus Zeil (rechts) und Hani Shaker aus Mossul (links). Chef Hans-Joachim Brandt hat für den jungen Flüchtling einen Ausbildungsplatz geschaffen.  Fotos: Sabine Weinbeer


Zwei junge Männer unterschreiben ihre Ausbildungsverträge als Bauzeichner, beide strahlen, beide haben ähnliche berufliche Zukunftspläne, doch die Vergangenheit von Hani und Julian könnte kaum unterschiedlicher sein. Julian Kehl stammt aus Zeil, Hani Shaker aus Mossul im Irak. Ihr Arbeitgeber ist Hans-Joachim Brandt, Chef des Ingenieurbüros SRP in Zeil. Auch er strahlt, freut sich auf das, was kommt, ebenso wie der Ausbildungsleiter Robert Männling.
Im Lions-Club, in dem Brandt engagiert ist, referierte im Juni Bianca Olerich über die Berufsintegrationsklassen, die für junge Flüchtlinge an der Berufsschule in Haßfurt eingerichtet wurden. Sie berichtete von "einem jungen Jesiden, der das Zeug für das Gymnasium hätte, aber schnellstmöglich Geld verdienen will, um seine Familie zu unterstützen". Der Vater hatte für die Flucht seines Sohnes alles verkauft, auch das Taxi, mit dem er den Lebensunterhalt gewährleistet hatte.
Diese Schilderung ließ Hans-Joachim Brandt in den nächsten Tagen nicht mehr los, er holte sich weitere Informationen ein und beschloss, einen zweiten Ausbildungsplatz in seinem Unternehmen zu schaffen, damit Hani Shaker einerseits Geld verdient, andererseits aber an seiner Ausbildung weiterarbeitet. So sitzt er nun gegenüber von Julian Kehl und unterschreibt seinen Ausbildungsvertrag. Julian Kehl bezeichnet es als "unvorstellbar", was hinter Hani Shaker liegt. Er selbst wuchs in Zeil auf, besuchte die Realschule in Haßfurt und die IT-Fachschule in Haßfurt, ist also bestens gerüstet für die Ausbildung zum Bauzeichner. Mit seiner EDV-Vorbildung hatte er sich beim Schnupper-Praktikum sehr schnell mit dem 3D-Zeichenprogramm angefreundet. Er plant, sich später beruflich noch weiter zu entwickeln, den Techniker zu machen, vielleicht sogar ein Ingenieursstudium anzuschließen.
Diese Optionen lässt sich auch Hani Shaker offen. Neben der Ausbildung will er weiter an seinem Deutsch arbeiten. Dafür, dass er noch nicht einmal zwei Jahre lang hier ist, spricht er aber schon gut, er kam auch auf dem Gymnasium gut zurecht, das er aber aus den oben genannten Gründen abgebrochen hat. Er ist sehr dankbar über die freundliche Aufnahme in Deutschland. "Hier ist Freiheit, hier kann ich jedem sagen, dass ich Jeside bin", strahlt er, der inzwischen auch in Knetzgau Fußball spielt.
16 war er, als er in Deutschland ankam, bis zur Volljährigkeit lebte er mit anderen "unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" in einer Gruppe der Kinder- und Jugendhilfe Eltmann, jetzt in einer Wohngemeinschaft mit vier anderen jungen Flüchtlingen in Haßfurt. "In den zwei Wochen Praktikum hat er überzeugt und so haben wir eine weitere Ausbildungsstelle im Rahmen der Integrationshilfe geschaffen", schildert Hans-Joachim Brandt. Er sah sich in diesem Fall auch als "bekennender Lion" gefordert. Der Service-Club engagiert sich weltweit und vor Ort sozial, gerade auch im Bereich Bildung.
Außerdem arbeitet sein Unternehmen international, ist mit Infrastruktur-Projekten etwa in Aserbeidschan, Armenien, Palästina und der Mongolei tätig. SRP plant Kanal- und Wasserversorgung, Straßen und Brücken. Neben den Büros in Zeil, Kronach und Buttenheim wird derzeit eine neue Niederlassung in Nürnberg aufgebaut. Für diesen Standort wurde zum 1. Juli Esteban Cacho Pol eingestellt. Der junge Ingenieur stammt aus Alicante in Spanien. Spanien scheint zwar auf einem guten Weg aus der Krise, doch nach dem Studium hatte Esteban dort erst einmal keine Aussicht auf eine Stelle. Deshalb kam er vor zwei Jahren nach Deutschland. Während des Studiums war er in Gießen, machte einen Erasmus-Sprachkurs, jetzt lernt er weiter im direkten Kontakt mit Kollegen und Kunden. "Das geht sowieso besser als im Kurs", lächelt er. Er arbeitete schon in einem kleineren Büro in Bad Neustadt an der Saale, wollte aber gerne auch an internationalen Projekten mitarbeiten. Schließlich spricht Esteban neben Spanisch und Deutsch auch Englisch und Italienisch.
"Wir stellen uns mit solchen Mitarbeitern einerseits international auf und freuen uns über die Verstärkung. Junge deutsche Ingenieure gehen nämlich nicht so gern für längere Zeit ins Ausland, um dort ein Großprojekt zu betreuen", erklärt Hans-Joachim Brandt. Und so wird die 100 Beschäftigte umfassende Belegschaft von SRP immer bunter und internationaler. Allerdings liegt ein wesentlicher Fokus der Tätigkeit weiterhin in Deutschland und auch direkt im Landkreis Haßberge. "Das für viele sichtbarste Projekt derzeit ist sicherlich der Neubau der A3 bei Würzburg-Heidingsfeld", erklärt Hans-Joachim Brandt.
In Roth plant SRP für die neue Bundeswehr-Hochschule auf dem Gelände der früheren Luftwaffen-Kaserne. Die wird komplett abgebrochen, und für die Hochschule (für 900 Studierende) müssen 30 Hektar Fläche komplett neu erschlossen werden. Allein der Tiefbau wird 35 Millionen Euro kosten - geplant und koordiniert von SRP in Zeil.