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Flammeninferno im Wald


Autor: Redaktion

Förtschendorf, Montag, 29. August 2016

Durch heiß gelaufene Bremsen eines Güterzugs wurde am 16. Juli 1976 ein Hang bei Förtschendorf in Brand gesetzt. Wegen der Hitze und Trockenheit gab es zu wenig Löschwasser. Auch Wohnhäuser waren bedroht.


Sehr oft setzten so genannte "Heißläufer" der Bundesbahn den Bahndamm zwischen Ludwigsstadt und Förtschendorf in Brand. Meist konnte sehr schnell abgelöscht werden.
Was sich jedoch am 16. Juli 1976 ab 14.37 Uhr ereignete, sollte als flächenmäßig größte Brandkatastrophe der Nachkriegszeit in die Geschichte des Landkreises Kronach eingehen. Sieben Hektar Wald wurden vernichtet. Häuser am Ortsrand von Förtschendorf waren bedroht. Deren Bewohner saßen auf gepackten Koffern, warteten auf die bevorstehende Evakuierung, weil glühende Fichtennadeln auf ihre Grundstücke niedergingen. Jeden Moment konnte das Flammeninferno ihr Hab und Gut vernichten. Doch dann drehte sich der Wind, die Häuser wurden verschont. Eine Rettungskette aus 651 Helfern konnte schließlich den Waldbrand ablöschen. Dabei kamen Jauchefässer der Landwirte zum Wassertransport ebenso zum Einsatz wie Gießkannen oder Patschen.


Das Unheil nahm seinen Lauf

Am 16. Juli 1976 war ein Güterzug aus Richtung Probstzella in Richtung Kronach unterwegs. An der so genannten "Frankenwaldrampe", einer der steilsten Bahnstrecken der Bundesrepublik, war Bremsleistung gefordert. Ein heiß gelaufener Bremsklotz des Zuges entflammte kurz nach 14.30 Uhr den durch lange Trockenheit und Hitze ausgedorrten Bahndamm zwischen Steinbach am Wald und Rothenkirchen an 30 Stellen und sorgte für ein Inferno. An der "Mühlleite" bei Förtschendorf wüteten die Flammen am stärksten, erfassten den 40 bis 70 Jahre alten Fichtenbestand. Der damalige Landrat Heinz Köhler löste bereits um 15 Uhr den Katastrophenfall aus. Nicht nur alle verfügbaren 50 Feuerwehren mit 651 Männern aus dem Umkreis waren im Einsatz, auch der Bundesgrenzschutz mit Wasserwerfern half bei der Bekämpfung des sich rasend schnell ausbreitenden Feuers mit. Das Technische Hilfswerk verlegte Lichtleitungen für einen unfallgesicherten Nachteinsatz. Angehörige des Roten Kreuzes und des Malteser Hilfsdienstes betreuten die Einsatzkräfte.
Bedingt durch den extrem heißen Sommer wurde das Löschwasser knapp. Der Haßlachfluss und die in ihn bei Förtschendorf mündenden Bäche waren nur armselige Rinnsale. Landwirte fuhren Tag und Nacht in Jauchefässern Löschwasser aus Dörfern der Umgebung zu den Faltbehältern, aus denen sich die Feuerwehrpumpen in Förtschendorf bedienten. Auch die Firma Carl unterstützte die Löscharbeiten mit fünf Lastwagen. Die Feuerwehren aus Pressig und Stockheim teilten sich mit der örtlichen Wehr den Nachteinsatz. Zeitweise drohte das Feuer von den brennenden Bahnflächen auf die westlich angrenzenden Gebäude der Brauerei Leiner überzugreifen. Die Brauerei stellte Wasser aus ihrem Brunnen für die Bekämpfung des Flammenmeers zur Verfügung und ließ Wasser zu den Hochbehältern fahren.


Der Wind drehte sich

Große Aufregung herrschte bei den Bürgern in der Siedlung, die evakuiert werden sollte. Doch dann drehte sich der Wind, die Häuser waren gerettet.
Die Einsatzleitung der Feuerwehr mit Kreisbrandrat Georg Zapf aus Tüschnitz, Kreisbrandinspektor Georg Hugel aus Kronach sowie den Kreisbrandmeistern Gerold Bittner aus Ludwigsstadt und Baptist Barnickel aus Ludwigsstadt führte die Brandbekämpfung schließlich zum Erfolg. Unmengen an Löschwasser wurden benötigt. Es wurde entnommen aus Hydranten am Marktplatz und einer Staustelle in der Haßlach in Rothenkirchen, aus einem Hydranten und dem Löschteich in Brauersdorf, aus dem Löschteich in Hirschfeld, aus der Wasserleitung der Firma Siemens in Teuschnitz, aus Hydranten sowie dem angelegten Stau des Tettauflusses in Pressig, aus Hydranten in Friedersdorf. Überall an diesen Wasserentnahmestellen waren Tragkraftspritzen im Einsatz, um die Fahrzeuge zu befüllen. Auch aus Hydranten und einem Stau der Haßlach in Förtschendorf wurde Löschwasser entnommen. In Förtschendorf selbst musste eine lange Schlauchstrecke vom Tal über die Siedlung bis auf den Berg verlegt werden. Schließlich gelang es, die Flammen zu ersticken. Doch es waren sieben Hektar Fichtenwald im Wert von 235 000 Mark vernichtet.


Ein Meer von rosa Blüten

Bereits nach wenigen Jahren erinnerte nichts mehr an die Brandkatastrophe. Das schmalblättrige Weidenröschen fand ideale Voraussetzungen, um sich zu entwickeln. Die "Mühlleite" wurde in ein Meer von rosa Blüten getaucht. Auch Birken machten sich rasch breit und bevölkerten den Hang ebenso wie die Brotbaumart des Frankenwaldes, die Fichte.